Strafandrohung für Brasiliens Umweltsünder

■ Zahlreiche Umweltdelikte bleiben nach dem Veto des Präsidenten jedoch straffrei

Berlin/Brasilia (taz/AFP/dpa) – Umweltsünder in Brasilien müssen zwar angesichts neuen Umweltstrafrechts auf der Hut sein. Doch Staatspräsident Fernando Henrique Cardoso, der das Gesetz am Donnerstag in Brasilia unterzeichnete, hat ihnen noch zahlreiche Schlupflöcher gebaut. Brasiliens Umweltverbände halten das Gesetz, das ab April gilt, deshalb für unzureichend.

Auf die Zerstörung von geschützten Pflanzen und Tieren sowie die Fischerei mit Sprengstoffen oder Giften stehen künftig Geldstrafen bis zu umgerechnet 90 Millionen Mark und Haftstrafen bis zu sechs Jahren. Unternehmen, die natürliche Ressourcen ohne Genehmigung ausbeuten oder die Umwelt schädigen, können von Behörden sogar geschlossen werden.

Cardoso hat jedoch verschiedene Delikte kraft seines Präsidentenvetos aus dem Gesetzesentwurf hinausgeboxt. Die geplante Bestrafung von Brandrodungen strich er mit der Begründung, viele einfache Landarbeiter seien auf diese traditionelle Art der Landgewinnung angewiesen. Umweltzerstörung von Staats wegen bleibt sakrosankt: Präfekturen können nicht belangt werden. Giftige Substanzen dürfen auch weiterhin importiert werden. Und Umweltsünder müssen für die Folgen ihrer Taten außerdem keine Entschädigung zahlen.

Besonders aufschlußreich ist Cardosos Weigerung, Lärmdelikte mit einem Jahr Haft zu bestrafen. Hierüber hatten sich die in Brasilien zunehmend einflußreichen, rechtsgerichteten evangelischen Sekten empört. Diese befürchteten ein Verbot ihrer zumeist nächtlichen Aktivitäten, die häufig mit lauter Musik auf den Straßen stattfinden. Auf Wohlwollen der Sekten ist Cardoso in der regierenden Mitte-Rechts-Koalition jedoch angewiesen. Beobachter gehen davon aus, daß Cardoso sich durch die Entschärfung des Umweltgesetzes Stimmen für andere geplante Gesetzesvorhaben sichern will. nbo