Und wo bleibt nun die Abstiegsangst?

■ Mit seinem 2:1 beim 1. FC Köln beschwichtigt der HSV die kollektive Furcht vor dem Ende des Hamburger Erstliga-Fußballs

Hilfe, die Angst geht aus. Wie schön vertraulich war die Panik vor den vermeintlich letzten Tagen des Hamburger Bundesliga-Fußballs. Der Hamburger Sport-Verein als Zweitligist – diese Vorstellung ließ die Stadt einträchtig in einem Gedanken treiben: „Rettet den HSV!“Doch damit ist nun vorerst Schluß. Der HSV hat in Köln „das wichtigste Spiel seiner Vereinsgeschichte“(HSV-Vorstand) gewonnen.

Zumindest war es das „wichtigste Spiel“der vergangenen sechs Tage. Denn mit dem Begriff „wichtigstes Spiel“belegte der Verein alle Begegnungen in diesem Jahr. Salihamidzic (64.) und Hollerbach (80.) trafen zum 2:1-Sieg in Köln.

Und wo bitte bleibt nun in Hamburg die heimelige Angst? Als Vierzehnter steht der HSV plötzlich auf einem Nichtabstiegsplatz. Präsident Uwe Seeler nahm Trainer Frank Pagelsdorf wieder einmal öffentlich in Schutz. Wenn „die Chemie zwischen Mannschaft und Trainer“stimme, betonte er, bestehe kein Grund ihn auszuwechseln.

Dabei ist der Abstiegskampf genauso wenig entschieden, wie er es bei einer Niederlage in Köln gewesen wäre. Elf Spiele stehen noch bevor, das nächste in zwei Wochen, am 28. Februar gegen Schalke. Und wie arg wäre es, wenn nach dieser Saison der HSV fußballästhetische Terroristen wie Fortuna Köln in Bahrenfeld empfangen müßte?

Besonders leid können einem die Spieler tun, die außer gegen ihre Gegner auf dem Rasen auch gegen den Aberglauben antreten, eine Stadt müsse einen Fußball-Bundesligisten ihr eigen nennen, um nicht sofort zur Provinz zu verkommen. Ähnlich dem Glücksspiralen-Motto „Alle machen mit“fordern Frank Pagelsdorf oder Hasan Salihamidzic bereits auf Plakaten „Rückendeckung“für ihr Fußball-Unternehmen. Auch die Opposition beim HSV demonstriert Geschlossenheit. Noch vor dem Treffen mit Vorstand und Aufsichtsrat am 23. Februar wollen vier ehemalige Vereinspräsidenten, darunter auch Ex-Statt Partei-Chef Jürgen Hunke, eine Strategie zur Rettung des Vereins erarbeiten. Und der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Hans-Peter de Lorent hat in Sachen HSV eine Kleine Anfrage an den Senat gestellt. Er will wissen, „mit welchen ausgeschiedenen haupt- und ehrenamtlichen Senatsmitgliedern die sportliche Zukunft des HSV gerettet werden soll“.

Nicht auszudenken, was passiert, sollte auch das nächste Heimspiel gegen Schalke gewonnen werden. Dann wäre Hamburg gezwungen, sein Gemeinschaftsgefühl an einem anderen Thema aufzubauen. Folke Havekost