Wenig Arbeit, viel Feierabend

■ Am wärmsten Tag des Jahres spielte Werder:Duisburg 2:2

Ein milder Februarabend, der wärmste seit Menschengedenken. Nach einer Woche Arbeit oder Arbeitslosigkeit, die Bremer ziehen ins Wochende. 23.000 von ihnen ziehen ins Weserstadion. 25 jüngere Männer, drei beim DFB, und jeweils elf bei Werder Bremen oder dem MSV Duisburg angestellt, warten dort auf ihren Feierabend, zwei Stunden später.

Es war ein sehr milder Februarabend. Warum nicht die Arbeitszeit verkürzen? Die Angestellten aus Bremen versuchten, ihren Job in fünf Minuten zu erledigen. Die Arbeitskraft Eilts konzentrierte sich ganz doll und trat das Arbeitsmittel Ball energisch in das Tor der Duisburger: 1:0. Und dann war Feierabend. Eine Mischung aus Arbeitsverweigerung und Müdigkeit schlich über den Platz. Der Leiter der Bremer Arbeitsorganisation, Herr Sidka, schrie von Zeit zu Zeit energisch.

Das wirkte: Alle sechs Minuten bewegte sich ein Bremer Richtung Duisburger Tor und entledigte sich erst dort unmotiviert seines Arbeitsgerätes. Die Arbeitserledigung der Herren Brand, Bode, Frings und Flo war unbefriedigend. Die der Duisburger Angestellten nicht besser.

„Bin ich denn der einzige auf dem Platz, der arbeitet?“, fragte ein Duisburger Kollege ins Journalistenrund. Auch die Bremer Kollegen schienen sich im Feierabend eingerichtet zu haben. „Vielleicht sollte man eine Grillparty planen“, schlug mein Nachbar vor. „Oder einen Maibock-Anstich“. Das war der Reporter des Anzeigenblattes. Und bald ging es an diesem warmen Februarabend zur Kaffeepause.

Danach war der vorgezogene Feierabend vorbei. Das lag an den Herren Todt (Bremen) und Spies (Duisburg), die früher bei dem zwischenzeitlich insolvent gewordenen SC Freiburg beschäftigt waren. Erst schob Herr Todt einen Schuß des Herrn Spies ins eigene Tor, dann ließ er Herrn Spies diese Arbeit selbst tun, um letztendlich auch noch einen Ball ins Duisburger Tor zu köpfen. Eine gewisse Harmonie aus alten Tagen war den beiden nicht abzusprechen. Für sie endete der Arbeitstag gerecht und zufriedenstellend: 2:2.

Die jeweiligen Leiter der Arbeitsvorbereitung sahen es ähnlich: „Wir haben gut gearbeitet“, meinter Herr Funkel (Duisburg). „Wir haben besser gearbeitet.“, sagte Herr Sidka.

Auch im Weserstadion wurde klar, die Zukunft der Arbeitsgesellschaft liegt im grauen Tabellenmittelfeld verborgen. Sehr gut gearbeitet, habe Herr Eilts (Bremen), ebenso Herr Zeyer (Duisburg), urteilen die, die Laufstrecken auf dem Platz bejubeln. Zug zum Tor und Ordnung ins Spiel, habe Herr Herzog (Bremen) gebracht, der einen Kurzarbeitstag absolvieren durfte. Die gleichen Ordnungsfreunde bemängeln fehlende „Zuordnung“bei den Herrn Skripnik und Brand (Bremen).

Trotz dieser Streitpunkte erkiannten die zunehmend in ihrer Feierabendlaune gestörten und deshalb pfeifenden Zuschauer deutliche Arbeitsmängel auf beiden Seiten: mangelnde Fußball-Ausbildung, fehlende Arbeitsvorbereitung – was sichtbar wurde, wenn niemand den nach vorn gespielten Bällen hinterherlief – und vor allem fehlende Konzentration bei der Ausführung. Uneinig blieben sich die Leute allerdings, ob es an den Leiter der Arbeitsvorbereitung (Trainern) liegt oder doch an der schlechten Ausbildung. Neue Chefs fordern die einen, längere Ausbildung die andern.

Ein klares Bild von der Fussball-Arbeit hingegen haben die Herren Vorstände und Ausichtsräte. „So nicht“, urteilt Herr Fischer; „die Arbeit ist ihr Geld nicht wert“, schimpft Herr Sakuth (beide Bremen). Der muß es wissen, er war ja mal Senator.

Ob der Feierabend Freitag 22.47 Uhr vedient war, welches Zeugnis ausgestellt wird, das klären bei der Fussball-Arbeit Punkte und Tabellenstand. Demnach haben die Duisburger besser gearbeitet. So sahen es auch 23.000 Bremer. Sie setzten ihren milden Februar-Feierabend an den Biertheken und Grillständen rund ums Stadion fort. Über das Fussballspiel wurde wenig geredet. Feierabend. Es war der wärmste Februarabend seit Menschengedenken. Dieter Mützelburg Fraktionssprecher der Grünen