Es wird heute wohl gewählt

■ Ein bißchen Anarchie im SFB-Rundfunkrat vor dem heutigen Intendantenwahlversuch. Zwei Favoriten zeichnen sich ab

Wahrscheinlich wird heute gewählt. Der Plan, die Intendantenwahl beim SFB auch beim erneuten Versuch im Vorfeld scheitern zu lassen, blieb erst einmal in den CDU-Taschen. Es müsse ja nicht einer derjenigen werden, die nun kandidieren, hatte Klaus Landowsky, der Unionsvormann dem Vernehmen nach die Linie ausgegeben, als das Gremium am Donnerstag zur Sichtung jener sechs Kandidaten schritt, die nach Günter Struves Absage verblieben sind. Doch dann hat man die Sache einstweilen vertagt – die Personaldebatte, die der Rat vor die Wahl gesetzt hat wäre noch Gelegenheit.

Nun ist wahrscheinlich, daß gewählt wird – damit ist aber auch schon alles gesagt, was sich voraussagen läßt. Noch nie war eine Wahl derart offen, gab es in den (Partei-) Reihen derart viele Ablösungsbewegungen, waren deren Strippenzieher so nervös. Besonders Landowsky ist in der Bredouille. Er wollte er bislang immer Königsverhinderer sein, doch einige der CDU-Nahen scheinen dem großen Strategen nicht mehr ganz zu trauen, nachdem er die Sache vor die Wand gefahren hat. Heute abend werden die Unionsfreunde wohl den Arte-Verwaltungschef Hans-Günther Brüske wählen, da er der einzige ist, der ihr Parteibuch trägt. Doch eine Mehrheit für den Mann ist nicht in Sicht. Und es wird in einem unwägbaren K.O.- Verfahren gewählt, bei dem der jeweils Schlechtestplazierte im nächsten Wahlgang nicht mehr dabei ist. Doch bei der letzten Abstimmung braucht es dennoch 16 der 31 Räte, damit einer Intendant werden kann. Eine solche Mehrheit zu verhindern dürfte eine der beiden CDU-Optionen sein.

Drei Gruppen gibt es im Rundfunkrat, und zwei davon braucht es für die Mehrheit. Viele treue Schwarze stehen neben etwas weniger Roten, die auch etwas weniger treu sind. Dazu kommt neben ein paar frei flottierenden Räten das ziemlich heterogene Grüppchen der „Grauen“ – der CDU-/ SPD-Unabhängigen, die mehr aus taktischen Gründen zusammengefunden haben. Die Stimmen dieser Gruppe oder die der CDU brauchen die SPD-Taktiker, wenn sie ihre Option durchbekommen wollen. Und ihre Option heißt Horst Schättle. Auf den langjährigen SFB-Fernsehdirektor (und Sozialdemokraten) hat sich die SPD festgelegt, auch wenn das Geschrei nach neuen Gesichtern und Ideen im Sender noch so groß sein mag. Man hofft auf den konservativen Geist der CDU oder Einsicht einiger Grauer. Und führt entsprechende Gespräche, selbst auf politischer Ebene stattfinden: SPD- Fraktionsboß Klaus Böger soll noch einmal mit Landowsky geredet haben, gestern trafen sich SPD- Räte mit einer „grauen“ Abordnung.

Neben Schättle ist etwas überraschend Martin Buchhorn in die Favoritenrolle geraten, da den SR- Fernsehspielchef der Zirkel der „Grauen“ auf den Intendantensessel heben will. Einige sind aber zu Absprachen mit der SPD bereit. Es wird also ein bißchen wie bei der Papstwahl heute abend. lm