Das Portrait
: Galionsfigur auf verlorenem Posten

■ Marianne Birthler

Kraftlos und wenig kämpferisch wirkte Marianne Birthlers Auftritt vor der Mitgliederversammlung der Berliner Grünen am Wochenende. Dabei hätte sie kämpfen müssen. Nur so hätte die 50jährige Bürgerrechtlerin eine Chance gehabt, auf dem sicheren dritten Platz der Berliner Landesliste für den Bundestag plaziert zu werden. Sie hätte verdeutlichen müssen, was sie im Bundestag eigentlich will. Doch ihre Vorschläge zu Kinder- und Jugendpolitik waren dünn, ihrer Rede fehlte es an Elan.

Der Status als Bürgerrechtlerin allein reicht nicht mehr, um gewählt zu werden, das war auch Birthler bewußt. Doch bei einer Kandidatenvorstellung zum Thema Außenpolitik fiel sie vor zwei Wochen mit halbherzigen Äußerungen deutlich gegenüber den anderen KandidatInnen ab. Zur Nato-Osterweiterung erklärte sie: „Ich bin nicht glücklich darüber, halte sie aber auch nicht für schädlich.“

Birthlers größtes Handicap war, daß sie in den letzten zwei Jahren politisch kaum in Erscheinung getreten ist. Dieses Manko wettzumachen ist ihr nicht geglückt. In den letzten drei Jahren war sie als Leiterin des Berliner Büros der grünen Bundestagsfraktion tätig – manchen in der Partei war ihr Wirken zu wenig öffentlichkeitswirksam. Auch in vielen anderen Funktionen hat Birthler mehr hinter den Kulissen gearbeitet: Seit 1993 ist sie Mitglied des Deutschen Unicef- Komitees und im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentages. Sie ist Mitglied im Stiftungsrat der „Stiftung Mitarbeit“ und sitzt im Kuratorium des „Schülerwettbewerbs Deutsche Geschichte“. Zudem war sie 1993 bis 1996 Mitglied der Deutschen Unesco-Kommission.

Bekannt geworden ist Birthler vor allem als Brandenburger Bildungsministerin. Nach nur zweijähriger Amtszeit trat sie 1992 wegen Manfred Stolpes Stasi-Kontakten zurück. Viele, darunter auch manche Grüne, werteten diesen Schritt als „politischen Rigorismus“. Von 1993 bis 1994 war sie dann Bundessprecherin von Bündnis 90/Die Grünen in Bonn. Bei aller Wertschätzung, die die integre Birthler innerparteilich genießt, hat sie dennoch überraschend wenig Rückhalt – vielleicht zu wenig für die sensible Politikerin. In ihrer schriftlichen Vorstellung schrieb sie: „Die Rolle der Einzelkämpferin ist nicht meine Sache.“ Dorothee Winden