Aus der Eichenwurzel des Olivenbaums wächst eine Rose

■ New Labour auf italienisch: Italiens Linkspolitiker gründen ein neues Parteiungetüm. Die „Linksdemokraten – Sozialistische Partei Europas“ sind aber schon jetzt vom Spaltpilz durchsetzt

Florenz (taz) – Die Geburtswehen stehen den Delegierten ins Gesicht geschrieben, auch wenn die Leitung des Gründungskongresses für Italiens neue Super- Linkspartei „Democratici di Sinistra“ (Linksdemokraten) alles getan hat, eine Aufbruchstimmung herzustellen. Mit der Parteigründung, die Italiens linke Mitte zusammenführen soll, hat Massimo D'Alema, Chef der früheren Kommunistischen Partei Italiens (PCI), heute „Demokratische Partei der Linken“ (PDS), am Wochenende endlich sein jüngstes „neues politisches Subjekt“ aus der Taufe gehoben und hofft nun, daß daraus etwas Großes werden kann: eine Erneuerungskraft für die italienische Demokratie und ein Vorbild für Europas Linke.

Gleich neben dem Namen „Linksdemokraten“ hat die Partei einen Bindestrichzusatz: „Partito Socialista Europeo“ (Sozialistische Partei Europas). In Italien soll die neue Superformation den Gegenpol zur Rechten bilden. Ex-Kommunisten, Ex-Sozialisten, linke Ex- Christdemokraten und linke Ex- Republikaner sollen darin ebenso aufgehen wie Ex-Grüne und die Ex-Antimafia-Bewegung „Rete“. Das Programm, wiewohl noch nicht ausformuliert, soll nach Ansicht D'Alemas nicht weit von Tony Blairs Vorstellungen entfernt sein, allerdings „um einiges europäischer“.

Immer, wenn irgendwo die 500-Watt-Leuchten der Fernsehleute aufflammen, machen die Delegierten Gesichter voller grimmiger Entschlossenheit oder zukunftsseligem, entrücktem Lächeln. Doch Lächeln und Zuversicht entschwinden schnell, sobald die Scheinwerfer verlöschen. Denn niemand weiß so recht, was man da nun eigentlich geboren hat.

Gähnend nämlich klafft ein Loch zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Die Linksaußenpartei „Rifondazione comunista“ (Kommunistische Wiedergeburt), die immerhin zehn Prozent der Wähler hält, ist ebensowenig dabei wie diejenigen ehemaligen Sozialisten, die eben erst ihre alte Partei PSI wiedergegründet haben, und einige ehemalige Christdemokraten.

Doch das schwierigste Problem ist die Stellung des „neuen Subjekts“ zur Regierung. Denn die regierende „Olivenbaum“-Allianz ist schon ein Mitte-Links-Pool aus PDS, alten Sozialisten, Exchristdemokraten, Grünen und Antimafia- Gruppen. Ob die neuen „Linksdemokraten“ nun ein Stück Olivenbaumholz sind, oder ob umgekehrt der Olivenbaum in der neuen Partei aufgehen soll, bleibt ungeklärt. Der frühere PDS-Chef Achille Occhetto gibt dem Unternehmen denn auch kaum eine Lebenschance – und kündigt die Bildung eines eigenen Parteiflügels an mit dem ausdrücklichen Ziel, die neue Superpartei so schnell wie möglich „von innen heraus“ umzubringen.

So konzentrieren sich die Fragen gegen Kongreßende eher auf Formalien. Das Parteiemblem etwa zeigt die PDS-Eiche, doch deren in der Wurzel noch erkennbaren KP-Zwillinge Hammer und Sichel sind weg, und an ihre Stelle ist eine sozialistische Rose gerückt. Auch die Frage, ob man sich weiter mit „Genosse“ anreden soll, erregt die Gemüter. Am Ende entscheidet D'Alema: Man darf. Die zum Kommunistengruß gereckte linke Faust allerdings kommt auf den Index. Werner Raith