Ausgeraubt und ausgefragt

■ Eine Umfrage unter Hamburgs SchülerInnen soll Aufschluß über Ausmaß der Jugendgewalt in der Stadt geben

Zum bundesweit ersten Mal werden seit gestern in Hamburg mehrere Tausend Jugendliche zu ihren Erfahrungen mit Gewalt befragt. Rund 3600 NeuntkläßlerInnen sollen auf Fragebögen verraten, ob sie schon mal ausgeraubt, verprügelt oder vergewaltigt wurden – anonym natürlich, und freiwillig. Es ist die erste Untersuchung zum Thema Jugendgewalt, die sich nicht an erstatteten Anzeigen entlanghangelt, sondern auch Gewaltopfer einbezieht, die möglicherweise nicht zur Polizei gegangen sind. Bezahlt wird die Studie von der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB).

Mit dem Behördengeld wollen die ForscherInnen herausfinden, in welchen Stadtteilen besonders viele Gewalttaten vorkommen. „Uns interessieren nur die harten Delikte“, erklärt Michael Grüner von der Schülerhilfe der BSJB. Um Kloppe mit dem Baseballschläger geht es, um sexuelle Belästigung oder Taschengeld-Erpressung. Ob das alles in der Schule passiert oder nicht, ist egal. In die Klassen gehen die InterviewerInnen nur, weil man da alle Kinder so praktisch beisammen hat: die BSJB schrieb einfach 180 Schulen an und verdonnerte sie zum Mitmachen.

Die LehrerInnen dürfen dabei lediglich zugucken, wie ihre SchülerInnen Kreuzchen machen und Fragen beantworten. Die fertigen Bögen bekommen sie nicht zu sehen. Das ist wichtig, damit die SchülerInnen ehrlich sind, erläutert Grüner. „Niemand wird erfahren, was Du geantwortet hast“, erklärt schon die Einleitung zu der Umfrage.

Zwei Unterrichtsstunden dauert es, bis die Jugendlichen alle Fragen beantwortet haben. Ausgefüllt und eingetütet gehen die Bögen dann nach Hannover ins Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN). Hier werden die Antworten ausgewertet; im Juni sollen die ersten Ergebnisse vorliegen. Daß die Umfrage ausgerechnet in Hamburg stattfindet, beeilt sich Grüner zu versichern, „liegt aber nicht daran, daß Hamburg besonders von Jugendgewalt betroffen ist“. Judith Weber