Schuld ohne Sühne

■ „Dahan“ von Rituparno Ghosh

Mit zweieinhalb Stunden ist „Dahan“ für einen indischen Film geradezu kurz. Was fast schade ist. Ein toller Film, eine spannende Idee: Die Lebenswege zweier junger Frauen aus der Mittelklasse kreuzen sich. Die Intellektuelle Jhinuk arbeitet als Lehrerin und steht kurz vor ihrer Hochzeit. Sie ist die einzige, die beherzt eingreift, als Romita an der U-Bahn-Station von fünf jungen Männern fast vergewaltigt und entführt wird. Romita ist jung verheiratet und lebt in einer sehr wohlhabenden Familie. Jhinuk bewegt Romita und deren Mann, den Überfall anzuzeigen.

„Dahan“ erzählt in vielen Dialogen an Eßtischen, in Clubs und Schlafzimmern gleichsam nebenbei, wie eine emanzipierte und eine traditionell gebundene Frau ohne Unterschied ins Kreuzfeuer einer um Modernität bemühten, aber schwer an ihrer Tradition tragenden indischen Gesellschaft geraten. Der Film folgt der Maxime einer Werfelschen Novelle: Nicht der Mörder, der Ermordete ist schuldig. Jhinuk ziert ein paar Tage als Retterin die Titelseiten der Zeitungen, bis es ihrer progressiven Familie zuviel wird, daß sie so unschicklich in der Öffentlichkeit steht. Und Romitas Mann möchte den Überfall vertuschen: Mit einer fast vergewaltigten Frau zu leben, ist für ihn so anstößig wie mit einer tatsächlich vergewaltigten. Anke Westphal

Forum: heute, 13 Uhr, Kino 7 im Zoo-Palast; 18.30 Uhr, Delphi; 18.2., 10 Uhr, Arsenal; 19.2., 17 Uhr, Akademie der Künste