90 Sekunden für alle?

■ Karlsruhe entscheidet über Sportberichte

Heute entscheidet das Bundesverfassungsgericht, wieviel Fußball es künftig noch im Fernsehen geben wird. Denn bei dem Urteil, daß die Richter am Vormittag in Karlsruhe bekanntgeben, geht es darum, ob das sogenannte Kurzberichterstattungsrecht Bestand hat – das Recht aller Sender, 90 Sekunden aus einem Stadion (oder von einem anderen öffentlichen Ereignis) zu berichten, auch wenn die Übertragungsrechte an diesem Ereignis exklusiv an einen einzigen Sender verkauft wurden. Die Bundesländer hatten das 90-Sekunden-Recht einst festgelegt, um die Informationsfreiheit zu sichern: Wenn immer mehr Ereignisse gegen viel Geld „privatisiert“ werden, sollte wenigstens noch eine „nachrichtenmäßige“ Berichterstattung für alle möglich sein.

Dagegen laufen die Sportverbände und die Bundesregierung Sturm, die in Karlsruhe geklagt hat. Sie pocht auf das Eigentumsrecht der Rechteverkäufer (also der Sportverbände), welches durch die 90 Sekunden geschmälert würde. „Eigentum verpflichtet“, rufen die Anhänger der Regelung zwar dagegen, aber nun müssen die Verfassungsrichter entscheiden, welches Recht schwerer wiegt.

Beobachter erwarten allerdings keine allzu großen Überraschungen mehr von der Entscheidung. Das Kurzberichterstattungsrecht werde wohl bleiben können, orakelt es aus Karlsruhe, allerdings werden die Sender, die es nutzen, möglicherweise künftig dafür bezahlen müssen. Und zwar Marktpreise. Dennoch werden aus Karlsruhe Hinweise über den Stellenwert des Eigentumsrechts der Rechteverkäufer kommen, in einer Zeit, in der in diesem Bereich überall Neuregelungen beabsichtigt sind: Die Bundesländer wollen einzelne Spiele vom Pay-TV ausnehmen, und die Bundesregierung plant, den Sportverbänden ein Vermarktungsmonopol für alle Spiele zu gestatten. lm