■ Mit Digital-TV auf du und du
: Viel Strom für nichts

Berlin (taz) – Mit dem Wechsel zum Digital-TV werden Millionen Briten ab Herbst sich selbst etwas Gutes tun, nicht aber der Umwelt. Eine Studie des Britischen Verbraucherverbandes (CA) kommt zu dem Ergebnis, daß selbst die sparsamsten Digitalempfänger den Energieverbrauch der britischen Haushalte um 325 Mega- Watt, ein Viertel der Leistung eines Biblis-Reaktors, erhöhen. Und zwar selbst dann, wenn niemand fernsieht.

Dies berichtet das Wissenschaftsmagazin New Scientist in seiner aktuellen Ausgabe. Die Studie hatten die EU-Kommission und das niederländische Wirtschaftsministerium in Auftrag gegeben, um mögliche negative Folgen des Digital-TVs zu untersuchen.

Um die Freuden des Digitalfernsehens – mehr Programme in besserer Qualität – erleben zu können, braucht der Konsument einen Digitalempfänger. Das ist ein kleiner Computer, der die zu Milliarden von Bits zerlegten TV-Programme aus dem Datennetz zieht.

Da die Software des Digitalempfängers die Programmdaten der verschiedenen Anbieter und den Zugang zu deren Kanälen regelmäßig aktualisieren muß, geht die CA-Studie davon aus, daß der Empfänger 24 Stunden ans Datennetz angeschlossen sein wird. Auch wenn der Fernseher nicht läuft, verbraucht er Energie. Dieses aktive Stand-by frißt mit 16 Watt deutlich mehr Strom als das passive Stand-by von herkömmlichen Fernsehern. Das dient nur der Bequemlichkeit des Konsumenten, jederzeit die Fernbedienung nutzen zu können, und kann immerhin abgeschaltet werden. Handelsübliche Geräte schlucken zur Zeit im Stand-by- Betrieb durchschnittlich 7 Watt, sparsamere Geräte nur noch 1 Watt.

Die künftigen Anbieter des britischen Digitalfernsehens halten sich aber bisher bedeckt, ob ihre Empfänger nur im aktiven Stand-by funktionieren werden oder nicht. Experten befürchten, daß es bereits zu spät sei für eine energieeffizientere Technologie. Großbritannien gilt in der EU als Vorreiter beim digitalen Fernsehen, da bis 2005 laut CA-Studie alle Geräte umgestellt sein sollen. Die EU- Kommission meint daher, daß hier der künftige EU-Standard gesetzt wird. Bedeutet das aktiver Stand-by-Betrieb, würden beispielsweise die über 40 Millionen deutschen Fernseher mehr als 650 Mega-Watt Strom für den Betrieb ihrer Digitalempfänger verbraten. Ein Braunkohle-Kraftwerk mit dieser Leistung kann zur Zeit jährlich rund 1,3 Millionen Haushalte mit Strom versorgen.

nbo