Ohne Stimme

■ Irak-Krise: Die Schwäche der arabischen Potentaten wird die Fundis stärken

Hilflosigkeit und Lethargie – das sind die dominierenden Gefühle in der arabischen Welt. Die Irak-Krise und der anglo-amerikanische Aufmarsch im Golf haben die Schwäche der arabischen Welt offengelegt. In den Verhandlungen um die Lösung der Krise fehlt ihre Stimme, obgleich die Mehrheit der arabischen Staaten gegen einen Militärschlag ist. Trotzdem gibt es keine nennenswerten politischen Reaktionen. Sicherlich, die antiamerikanische Stimmung in der Bevölkerung ist groß, doch im Gegensatz zu 1991 sind die Proteste gegen die US-Politik kraftlos. Und sie werden – falls nötig – von den Regimen verboten. Selbst die ehemaligen Verbündeten Saddam Husseins wie König Hussein von Jordanien oder PLO-Chef Jassir Arafat schicken ihre Sicherheitskräfte ins Feld, um ein paar hundert Demonstranten zu zerstreuen. Lediglich Syrien hat offiziell seine Solidarität mit dem irakischen Regime verkündet. Konsequenzen hat das nicht.

Während Saddam Hussein vor sieben Jahren zumindest propagandistische Pluspunkte sammeln konnte, als er seinen eigenen Rückzug aus Kuwait mit der Forderung nach einem israelischen Rückzug aus den besetzten palästinensischen Gebieten verknüpfte, existiert diese Option heute nicht. Politisch fordern die arabischen Herrscher nichts anderes als die Erfüllung der UN-Resolutionen, ohne auch nur die geringste Hoffnung zu haben, daß die USA Israel zwingen werden, seinerseits den zahllosen UN-Resolutionen Folge zu leisten oder wenigstens die Osloer Verträge einzuhalten.

Doch die Handlungsunfähigkeit der arabischen Regime und der Verlust jedweder Glaubwürdigkeit der amerikanischen Politik könnte den Fundamentalisten neuen Auftrieb geben. Der „Krieg gegen die Muslime“, den die USA nicht nur in den Augen der Iraker führen wollen, wird von den Menschen als eine tiefe Demütigung der arabischen Potentaten verstanden. Und zugleich als Eingeständnis ihrer politischen Unfähigkeit. In sieben Jahren ist es den Machthabern nicht gelungen, eine Politik zu formulieren, die den Irak, mit oder ohne Saddam Hussein, wieder in die arabische Welt integriert und den UN- Sanktionen ein Ende gemacht hätte. Jetzt stehen sie vor dem Offenbarungseid. Und nur wenn in letzter Minute ein Militärschlag verhindert wird, könnten sie noch einmal mit einem blauen Auge davonkommen. Georg Baltissen