■ Bundeswehr: Gesinnungs-TÜV nützt nichts gegen Rechtsextreme
: Es hilft nur Öffentlichkeit

Verteidigungsminister Volker Rühe irrt, wenn er weiterhin darauf beharrt, die Bundeswehr dürfe nicht unter einen „Generalverdacht“ gestellt werden. Die Truppe steht längst unter diesem Verdacht – und das hat sie sich selbst zuzuschreiben.

Das eine sind die immer neuen Berichte über rechtsradikale Äußerungen oder antisemitische Ausfälle unter Berufssoldaten und Wehrpflichtigen – das andere aber ist die Art und Weise, wie die Führung der Streitkräfte die Anschuldigungen aus der Welt zu schaffen sucht. Einzelfälle, heißt es stets, verirrte Jugendliche seien da zugange gewesen, es werde schon konsequent dagegen vorgegangen. Die Konsequenz, das stellt sich später dann heraus, beschränkt sich vor allem darauf, die unangenehmen Botschaften zu unterdrücken. So geschehen etwa nach dem Auftritt des Neonazis Manfred Roeder vor der Hamburger Führungsakademie.

Jetzt wiederholt sich der Vorgang bei den antisemitischen Haßtiraden deutscher SFOR-Soldaten gegen albanische Soldaten im bosnischen Rajlovac. Die Sprücheklopfer wurden offenbar nur deswegen nicht auf der Stelle Hause geschickt, weil das eine dienstliche und damit öffentliche Meldung über den Vorfall nach sich gezogen hätte.

Das unnachsichtige Vorgehen gegen den bedauerlichen Einzelfall: Die Fallschirmspringer wurden mit einer Geldstrafe wegen der Gefährdung der Einsatzbereitschaft durch Trunkenheit gerügt. Einen „Nachweis“ für fremdenfeindliche Äußerungen wollte der zuständige Kompaniechef nicht gefunden haben. Volker Rühe braucht sich nicht zu wundern, wenn das Image seiner Bundeswehr dem Nullpunkt entgegensteuert.

Wenig hilfreich ist Rühes jüngster Plan, den Berufssoldaten jetzt ein regelmäßiges Bekenntnis zur Verfassung abzuverlangen. Und noch viel unsinniger ist die Forderung des CSU-Verteidigungspolitikers Kurt Rossmanith, der mit einem neu aufgelegten Radikalenerlaß gegen Rechte in der Bundeswehr zu Felde ziehen will. Mit klandestinen Geheimdienstmitteln und formelhaften Lippenbekenntnissen ist latent rechtsextremen Haltungen nicht beizukommen.

Die einzige erfolgversprechende Methode, dem Phänomen langfristig beizukommen, ist eine öffentliche Auseinandersetzung über Ausmaß und Ursachen der rechten Umtriebe. Das würde aber voraussetzen, daß die bekannt gewordenen Vorfälle nicht durch Vorgesetzte heruntergespielt oder unter den Teppich gekehrt werden. Wolfgang Gast