Viel Wohnraum für Einsamkeit

■ Neue Studie: Mehr als die Hälfte der über 59jährigen HamburgerInnen lebt allein

„Hören Sie mir auf, ständig von Single-Haushalten zu reden!“Der Stadtsoziologe Jens Dangschat ist richtig empört. Jeder zweite von Hamburgs 900.000 Haushalten sei ein „sogenannter Single-Haushalt“, hat eine druckfrische empirische Analyse zur „Wohnungsnachfrage in Hamburg“im Autrag der Hamburger Sparkasse (Haspa) herausgefunden. Grund genug für Dangschat, sich aufzuregen: „Die sollen besser von Ein-Personen-Haushalten sprechen.“Denn „Single sein“, doziert er, „ist eine bewußt gewählte Lebensform“. Und wer allein wohne, „ist nicht unbedingt ohne Partnerschaft“.

Die Mehrzahl der Menschen dagegen, die in den knapp 450.000 vermeintlichen Hamburger „Single-Haushalten“lebe, sei nicht nur verdammt einsam, sondern, so Dangschat, auch „über 65 Jahre alt“. Das stimmt: 57 Prozent der über 59jährigen HamburgerInnen leben allein; 40 Prozent zu zweit. Insgesamt macht die Gruppe der über 59jährigen rund ein Drittel der Stadtbevölkerung aus.

Und die wenigsten von ihnen, das bestätigt die Erfahrung des Vorsitzenden des Mietervereins zu Hamburg, Eckard Pahlke, hätten diese Wohnform freiwillig gewählt: „Da sind die Partner gestorben oder die Kinder ausgezogen, und dann sind diese Menschen in ihren riesigen Wohnungen und zahlen eine hohe Miete.“

Die Haspa-Studie bestätigt das: Rentner- und Pensionärs-Haushalte seien „mit 34 bzw. 29 Prozent monatlicher Mietbelastung gegenüber den Erwerbshaushalten (23 Prozent) deutlich stärker belastet“. Die Ursache „liegt zum Teil in der überdurchschnittlichen Wohnflächenversorgung. Auch wenn sich die Zahl der im Haushalt lebenden Personen durch Auszug der Kinder oder Verlust des Partners verringert, bleiben sie zumeist in ihrer vertrauten Umgebung.“Durchschnittlich, so die Studie, stehen Rentnerhaushalten pro Person 53 Quadratmeter an Wohnfläche zur Verfügung gegenüber 45 Quadratmetern für alle Hamburger. Kein Wunder also, daß laut Studie „nur zwischen einem und vier Prozent“der über 60jährigen „sich eine größere Wohnung wünschen“.

Viele Quadratmeter verursachen aber auch viel Arbeit, die ältere, alleinstehende Menschen immer schlechter selbst erledigen können. Was tun? „Ich kenne viele, die gern einen Teil ihrer Wohnung untervermieten würden, zum Beispiel an Zivildienstleistende oder Studenten, die dann im Gegenzug Einkäufe oder Hausarbeit erledigen könnten“, sagt Pahlke. Aber: „Die Wohnungsgesellschaften spielen da oft nicht mit.“Heike Harhoff