Nostalgische Blicke durchs Schlüsselloch

■ Das Literaturhaus zeigt Dichter-Wohnungen , photographiert von Erica Lennard

Exzentrisch war er. Auch sein privates Ambiente schien zu schreien. Mit einem zauseligen grellroten Flokati-Sessel zierte Jean Cocteau seine Villa in Milly la Foret, und in seinem Schreibzimmer hatte er gleich eine ganze Wand mit Leopardenfell bespannt. Ganz anders muten da die klassisch edlen Räumlichkeiten Selma Lagerlöffs in Marbacka an, die den Charme einer wohlgeordneten Puppenstube vermitteln – kein Wunder, daß hier ein Nils Holgersson entstehen konnte. Und der ärmliche Bootsschuppen in Wales, der Dylan Thomas stärker inspirierte als jeder andere Ort, sticht unter den etablierten Landhäusern regelrecht hervor.

Sehr persönlich sind die Einblicke in die Wohnungen berühmter Schriftsteller, die die französische Photographin Erica Lennard 1994 in einem Bildband zusammengestellt hat und von denen nun ein kleiner Ausschnitt an den Treppenwänden des Literaturhauses zu sehen ist. Und persönlich ist auch der Blickwinkel der Künstlerin: Keine ungewöhnliche Perspektive verzerrt den Eindruck, doch läßt der Stil Lennards die Bilder auf ihre Weise alle ähnlich erscheinen. Ein romantisches Flair scheint auf den Bildern zu liegen, die trotz unterschiedlicher Farben immer einen Stich ins Goldene aufweisen. Das wirkt dekorativ und erinnert ein bißchen an Schöner Wohnen; das Vergnügen, die privaten Räume der Dichter durchs Schlüsselloch zu sehen, wird davon nicht tangiert.

„Im Haus ist man so allein, daß man manchmal daran irre wird“, hat Marguerite Duras über ihre Villa in Neauphle-le-Chateau geschrieben, das sich mit leger drapierten Spitzendeckchen und kunstvoll unordentlichen Blumenarrangements unschuldig verspielt gibt. Und: „...gewiß, ich hatte auch Angst. Und dann habe ich es geliebt. Dieses Haus ist das Haus des Schreibens geworden.“Sabine Claus

bis zum 20. März, Literaturhaus, So-Fr, 10 bis 24 Uhr, Sa, 10 bis 17 Uhr