„Die Regierung muß noch an Tempo zulegen“

■ Rot-Grün: GAL-Parteisprecherinnen Radcke und Schaar sparten nicht mit Kritik

Der grüne Stadtentwicklungssenator hat jetzt noch ein Päckchen zu tragen: Gestern überreichten ihm die beiden GAL-ParteisprecherInnen Antje Radcke und Peter Schaar eine grüne Geschenkschachtel mit roter Schleife. Darin sind sieben symbolische Präsente verborgen, die die drei GAL-SenatorInnen nach 101 Tagen des Regierens an die Umsetzung des Koalitionsvertrages erinnern sollen.

Ein Schoko-Kuß mit Waffelröllchen steht beispielsweise für den vereinbarten Atomausstieg. Ein Würfel weist darauf hin, daß sich die Situation für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge sogar noch verschlechtert hat. Eine Polizisten-Handspielpuppe verlangt die Einrichtung einer Polizeikommission.

Der so beschenkte Maier bemängelte die eigenartige Farbe des Kartons – „Seit wann sind wir lindgrün?“–, freute sich aber ansonsten redlich über die kleine Aufmerksamkeit der Partei, die er laut Radcke im Senat auspacken soll.

In ihrer eigentlichen inhaltlichen Kritik ging das SprecherInnen-Duo allerdings recht hart zur Sache. Für die bisherige Leistung des rotgrünen Senats „ist das Wort Bilanz zu gewaltig“, so Schaar. „Ich finde nicht, daß unserer Regierung der Charme fehlt, aber daß sie an Tempo noch zulegen muß.“Radcke kann den öffentlichen Eindruck, die Regierung strahle Langeweile aus, „verstehen“. Den SenatorInnen „fehlt das Bewußtsein, daß die Menschen in der Stadt etwas hören wollen“. Bei der Zurückhaltung des Senats „spielt die Bundestagswahl im September eine Rolle“.

Radcke befürchtet vor allem, daß Organisationen, Gruppen und Initiativen, die bisher zu den GAL-Unterstützern gehörten, sich von der Partei abwenden. „Der Druck auf die Grünen ist größer geworden“, so die Parteisprecherin. Es sei schmerzlich, daß die, „die immer unsere Verbündeteten und Freunde waren, sich jetzt sehr distanziert äußern.“Darüber hinaus sei „diese Kritik in Teilen berechtigt“.

Auch die Bemerkung der Zweiten Bürgermeisterin Krista Sager (GAL) auf der 100-Tage-Pressekonferenz am Donnerstag, man könne nur erfolgreich regieren, „wenn man sich von der Parteizugehörigkeit abwendet und zu dem Thema hinwendet“, stieß auf wenig Gegenliebe. „Ich hoffe nicht, daß sich unsere Regierungsmitglieder von ihrer Parteizugehörigkeit lösen“, sagte Radcke. Silke Mertins