Verpilzte Luxusnüsse

■ „Lebensmittel-Monitoring“untersucht unsere Nahrung auf chemische Rückstände

Wir haben ununterbrochene Kühlketten vom Schlachthof bis zum Fleischtopf. Wir haben leichtverderblichen Fisch eingeschweißt und mit Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) versehen. Wir haben eine spitzenmäßig aufpassende Gesundheitsbehörde, die unsere Salatköpfe zerpflückt. Und trotzdem essen wir nicht gesünder als wesentlich weniger Verwöhnte in irgendeiner dritten Welt. Das kommt daher, daß wir dafür, ob Nahrungsmittel gut oder schlecht sind, keine funktionierenden Sinne mehr haben. Ist das MHD auf der Krabbenpizza nicht überschritten, wird sie gegessen, auch wenn sie schon müffelt. Wer weiß denn noch, daß die teure Rohmilch bei Gewitter umkippt, ohne sich an ein Datum zu halten?

Deshalb brauchen wir immer bessere Aufpasser, die unser Essen vorkosten. Ein bundesweites Essens-Überwachungssystem existiert seit 1995. Sein Name: Lebensmittel-Monitoring. Die ersten nicht mehr ganz taufrischen Ergebnisse aus dem Jahr 1995 sind unlängst in einer Hochglanzbroschüre erschienen. Dort erfährt man alles Relevante über die damalige chemische Belastung von Trauben, Fisch, Pistazien usw..

Das Verfahren ist nicht unaufwendig. 16 Bundesländer veranlassen die Untersuchung von insgesamt knapp 4.500 Proben; die Ergebnisse werden zentral ausgewertet und erlauben gewisse statistisch fundierte Aussagen. Zum Beispiel die: Leute, laßt die Finger von Pistazien! Die meisten dieser Luxusnüsse stammen nämlich aus dem Iran, wo sie nicht ordentlich getrocknet werden und später schimmeln können. „60 Prozent der entnommenen Proben sind Aflatoxin-belastet“, warnen die Monitore. Unbedenklicher sind Pistazien aus den USA, aber meist steht das Herkunftsland nicht auf der Verpackung.

Alle anderen Ergebnisse des 95er-Monitorings sind weniger aufregend und bestätigen eigentlich nur, was unsere Mütter schon immer predigten: Weintrauben waschen! (unangenehm viele Pflanzenschutzmittel auf der Schale). Dasselbe gilt für Gemüse, von dem oft genung Schwermetalle runtergespült werden müssen. Besonders nitrathaltige Pflanzenteile wie Hüllblätter und Strünke wegschmeißen! Grundsätzlich Gemüse der Saison bevorzugen – ist weniger belastet; Nitrat ist besonders viel in Pflanzen, die bei wenig Sonne unter Glas angebaut werden. Nitratreich, also sparsam zu verwenden: Salate, Rettich, Radieschen, Sellerie.

Im Fisch, hier besonders im fetten Ost- oder Nordseehering, findet man meist alle unsere Umweltschweinereien wieder: DDT, Lindan, Dieldrin, PCB, neuerdings sogar die giftige künstliche Duftnote Moschusxylol. Die gesetzlichen Richtwerte werden allerdings selten tangiert. Nur im Hering findet man in über 8 % der Proben bedenklich viel Chlordan, ein Insektizid.

Frau Helmsmüller von der Gesundheitsbehörde verspricht, daß die Ergebnisse des Lebensmittel-Monitoring demnächst aktueller an die Öffentlichkeit kommen. sollen. Etwa zur Jahresmitte sollen die Daten vom Vorjahr ausgewertet sein. Im Übrigen empfiehlt sie, „den Schnupperbefund ernst zu nehmen“, was bedeutet: Menschen, traut Euren Sinnen. BuS

Broschüre erhältlich beim Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (Tel. 030/84120)