Jazztöne im Soundgarden

■ Evelyn Gramel und Michael Berger präsentieren Sonntag ihre neue CD „Evergreens“mit Eigenem und Angeeignetem

Die Sängerin Evelyn Gramel und der Pianist Michael Berger haben eine Vorliebe für Schlager, die ein jeder kennt, Gassenhauer der Populärkultur. Doch halt! Hinter den immergrünen Liedern verbirgt sich zumeist mehr, wie ihre in der Immanuel Kapelle eingespielte neue CD „Evergreens“zeigt: In Jazz übersetzte Popmusik und ab und an ein eigenes Stück.

Wie sieht eigentlich ein Jazzpianist aus? Wer weiß, zumindest sieht Michael Berger nicht so aus, als sei er einer, sondern wirkt eher wie ein Verwandter der schweizerischen Synthie-Klangbastler von Yello. Die Haare streng aus dem Gesicht zurückgekämmt, den Kopf auf die gefalteten Hände gestützt, so blickt Berger dem Betrachter ins Auge. Hinter ihm auf dem CD-Cover Evelyn Gramel – lange, dunkle Haare, hohlwangig, gedresst im Abendkleid samt Handschuhen.

Leider wurde ausgerechnet der Yello-Klassiker „The Race“nicht verjazzt. Aber ein Paukenschlag für die Freunde der sanfteren Grunge-Musik ist vorhanden: „Blach Hole Sun“von Soundgarden. Doch damit beginnt das Gramel/Bergersche Dilemma. Zwar gelingt ihnen zur Eröffnung eine schön wuchtige Eingangssequenz, doch dann flacht der Song merklich ab. Evelyn Gramel verleiht dem Stück mit ihrer Stimme nicht die nötige Aggressivität und Dynamik. So zerfasert dieser „Evergreen“zwischen einer Kehle und zwei Händen.

Aber es gibt ja noch vierzehn weitere Songs auf der CD. „Walking in your Footsteps“von Sting zum Beispiel oder „Moonlight in Vermont“. Evelyn Gramel singt bisweilen nett und anständig, ohne einen jedoch hinzureißen. Ihre Stimme ist gerade in den höheren Lagen etwas zu dünn. In den melancholischeren Songs fühlt sie sich dagegen merklich wohler, interpretiert sie sicher und gefühlvoll.

Michael Bergers Pianospiel ist grundsolide. Er streut Zartheiten ein, wo es sein muß, hämmert aber auch da, wo es auch angebracht ist, wuchtige Akkordblöcke in die Klaviatur. Am Besten gelingen dem Duo die Stücke aus der eigenen Feder. Denn dann wollen sie nicht klingen wie xyz, sondern wie Gramel und Berger.

Im Ganzen haben Gramel und Berger mit dieser CD zu wenig ihren eigenen Fähigkeiten vertraut. Sie setzen zu sehr auf ihre „Evergreens“, anstatt eigenes Material vorzustellen. Warum nur? Das Potential für mehr ist vorhanden.

Stephan Hespos

Das CD-Präsentationskonzert beginnt am 22. Februar um 20 Uhr im Studio auf den Höfen