■ Exklusiv auf der Wahrheit: Ein Brief an „Monitor“
: Die Wanze ist längst Wirklichkeit

Lieber Klaus Bednarz,

liebes „Monitor“-Team,

Ihr habt lange nichts von mir gehört. Anders gesagt: Es ist still um mich geworden. Aber das hat auch seinen Grund – ich bin mittlerweile mißtrauisch. Ich habe nämlich einen Fisch an der Angel, der Haushaltsgifte und Waffenhandel alt aussehen läßt. Bestimmt habt Ihr in der Zeitung auch davon gelesen, daß man uns total überwachen will. Es ist aber schlimmer: Man tut es schon. Meine Informationen beweisen, daß die Wanze längst Wirklichkeit ist.

Obwohl ich ja schon seit längerem Freigänger bin, kommen mich im Gefängnis immer noch alte Freunde besuchen, die nie aufgehört haben, an mich zu glauben. Unter anderem auch Günter Noris (Name von mir geändert), ein alter Hase vom Verfassungsschutz. Ich hatte mir zum Geburtstag ein paar Scorpions-Tapes von ihm gewünscht, weil er hat nämlich alle CDs von denen. Doch da muß Günter wohl ein Mißgeschick unterlaufen sein. Auf einmal hatte ich den ersten Testlauf des Lauschangriffs auf Band, komplett mit Kommentaren des zuständigen Abhörbeamten. Hier vorab schon mal ein paar Abtipphappen.

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Lothar-Günther Buchheim (in seiner Villa, fünf Uhr morgens / Mikro in einem Buddelschiff):

Wo sind denn meine alten Tagebücher, verdammt! Ach, hier. So: „Mein Knie schmerzt. Wir schreiben das Jahr 1945.“ Da war was los. Helga, machen Sie das als Aufzählung, so mit Unterpunkten, lassen Sie sich was einfallen: „Romanprojekt... Körper Schrägstrich Geschichte... episch, Erzähler festlegen. 1.000 bis 2.000 Seiten. Priorität: wenn ich Bock habe.“ Heften Sie das ab, und machen Sie dann Feierabend.

Verona Feldbusch (im Gespräch mit ihrer Maskenbildnerin nach der Aufzeichnung von „Peep!“ / Mikro zwischen handschriftlichen Exzerpten aus Kindlers Literaturlexikon):

...grundsätzlich d'accord. Einschränkend hinzufügen muß ich nur, daß die späten Fresken meiner Ansicht nach dieses je ne sais quoi, dieser jugendlichen Frisache, dieser fast prä-impressionistisch-diffusen Qualität entbehren, die Peter von Cornelius in seiner Wittelsbacher Phase zu einer der fähigsten Koryphäen unter den Hofmalern machte...

Roger Willemsen (im Hintergrund Klavier-Jazz, Mikro in einem nostalgischen Kaugummiautomaten):

Als du dann bei Edeka den Wagen an der Kasse vorbeigeschoben hast, gab's da den Moment für dich, wo du gesagt hast, jetzt gehe ich nach Hause?

Angela Merkel (Mikro in Reißzwecke an einem Medi&Zini- Apothekenposter):

Schahatz, ich geh' nur kurz Haare waschen!

Manfred Kanther (Mikro im Totenschädel auf einem Motivaschenbecher):

– Die letzte Lieferung war echt der Bringer, Alter. Hast du noch was da von dem Zeug? Heut' abend kommen die Mädels vom Escort, und da will ich nich' nackt dastehen, verstehste.

– Geht klar, Manni, Hassan ist inner halben Stunde da.

– Aber ans Fenster klopfen wegen Mutter.

Prinz August von Hohenzollern (Telefongespräch mit Hilde Knef):

Springer G3 schlägt Bauer C7.

Günter Grass (Mikro im Schnurrbart):

– Was gibt's denn heute Gutes, Ute?

– Scholle, Günter.

– Au warte, die muß ich eben fix in Kupfer stechen. Leg doch noch die alten Schlappen auf den Tisch dazu, bitte. Erinnert mich an Daniel Chodowiecki, das polnische Genie, den meine Mutter kannte, als sie noch Kartoffeln steckte unter kaschubischer Sonne.

– Nun stech doch endlich!

Wolfram Siebeck (Mikro in seinem Game-Boy, den er für Wartezeiten ständig bei sich trägt):

Magst du auch am liebsten die roten? Die lass' ich immer bis zuletzt in der Tüte.

Roger de Weck (bei Marion Gräfin Dönhoff im Büro, Mikro im Augenwinkel):

– Gräfin, wir brauchen endlich Titten auf dem Cover, Vierfarb, und das ganze im Magazinformat! (das Telefon klingelt) Ja? Nee, Helmut, mehr als hundert Zeilen sind nicht drin. Und denk dran: kurze Sätze. (ruft beiseite) Siggi, hast du das Wolfgang-Petry-Porträt fertig? Halbe Spalte in 15 Punkt? Kann doch kein Mensch lesen! Ach, hatte ich dir's schon gesagt? Überschriften höchstens ein Wort und gereimt. (zur Gräfin) Weswegen hast du überhaupt nach mir schicken lassen?

– Ich wollte dir nur meinen neuen Magnetbecher für Büroklammern zeigen... Ist doch wirklich hübsch, nicht?

Bischof Dyba (Mikro im Telefonhörer):

– Ja, hallo, hier ist Beelzebub, ist die Gabi heute da?

– Was? Du bist gerade live auf Sendung bei Domian im Eins-Live- Talkradio, heute wieder offen für alle eure Themen.

– Scheiße, dann hatte ich noch eure Nummer im Speicher. Ich komm' mit dem Telefon nicht klar.

– Du, dann leg jetzt mal auf, und unsere Psychologin hier im Hintergrund, das ist heute die Elke, die ruft dich dann sofort zurück.

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Reicht das, liebe Redaktion? Ich bin jedenfalls ganz schön betroffen. Und diesmal kann ich alles beweisen. Grüßt den WDR und Köln von mir, und schreibt doch mal zurück,Euer Michael Born

PS: Könntet Ihr mir ein Knast-Abo vom Focus besorgen?

Daniel Hermsdorf

Benjamin Heßler