Rußlands Parlament stimmt gegen Sparhaushalt

■ Kommunisten und Nationalisten lehnen Regierungsinitiative mit großer Mehrheit ab

Moskau (taz) – Eigentlich wäre die vierte Lesung des Haushaltes nur noch eine Formalität, nachdem die Duma bereits in der ersten Runde dem Budget für 1998 zugestimmt hatte. Gestern jedoch lehnte das Parlament die von der Regierung in letzter Minute eingebrachten Sparvorschläge mit 282 zu 64 Stimmen ab. Die Initiative sieht vor, neun Milliarden Mark in diesem Jahr weniger auszugeben, als im ursprünglichen Entwurf vorgesehen. Im Klartext bedeutet das: Nachschläge, die die kommunistische Opposition nach der ersten Lesung heraushandeln konnte, werden wieder gestrichen. Kommunistenchef Gennadi Sjuganow ließ sich trotz drohender Kürzungen nicht aus der Ruhe bringen: „Der Haushalt ist ein totgeborenes Kind, ohnehin wird nicht ein einziger Punkt erfüllt.“

Einerseits blähten die Nachforderungen des Parlaments den Entwurf schon über Gebühr auf. Vollends illusorisch wurde das Budget, nachdem die Regierung auf Druck der Opposition die geplante Steuerreform fallenließ. Schon im vergangenen Jahr blieben die Steuereinnahmen um mehr als ein Drittel hinter den veranschlagten Zahlen zurück. Erschwerend kam hinzu, daß die Finanzkrise in Asien auch den russischen Finanzmarkt nicht verschont hat. Der Schuldendienst hat sich erheblich verteuert.

Um den Rubelkurs zu stützen, erhöhte die Zentralbank den Zinssatz. Zentralbankchef Sergej Dubinin meinte daher: „Der Schuldendienst ist exzessiv. Wenn sich das Defizit nicht reduzieren läßt, ist fraglich, ob überhaupt Sozialprogramme finanziert werden können.“

Am Ende werden sich Regierung und Parlament dennoch auf einen Teil der Einsparungen einigen. Am Donnerstag vereinbarten Rußland und der Internationale Währungsfonds (IWF), das laufende Kreditprogramm zu verlängern. Noch im Herbst lobte IWF- Chef Camdessus die russischen Bestrebungen, erstmals ein realistisches Budget vorzulegen. Diesmal enthielt sich Camdessus einer klaren Stellungnahme und gab die anstehende Rate nicht frei. Von den etwa 17 Millarden Mark des Programms schüttet der IWF in vierteljährlichen Tranchen jeweils eine Milliarde Mark aus. Da Rußland die im Wirtschaftsprogramm mit dem IWF abgestimmten Steuereinnahmen nicht vorweisen konnte, verzögerte der IWF die Zahlungen schon des öfteren. Klaus-Helge Donath