Frank Pagelsdorf soll Autorallye fahren

■ Taktisches Fußballspielen allein bringt den HSV nicht weiter, glaubt Ex-Präsident Hunke. Heute treffen sich Aufsichtsrat, Vorstand und Opposition zur Krisensitzung

Den Kampf der Gladiatoren eröffnete Uwe Seeler bei seinem Amtsantritt im Mai 1995: „Wir brauchen richtige Experten für das Sportliche, Finanzielle, für Sponsoring und Vermarktung“, wetterte der jetzige HSV-Präsident damals. „Die Führungsetage muß die eigene Mannschaft einschätzen lernen. Wenn ich eine Schrottmannschaft habe, mit der nur der Hausmeister drin ist, kann ich nicht vom Meistertitel reden.“Nun, knapp drei Jahre später, muß Seeler selbst sich ähnliche Vorwürfe gefallen lassen. Heute abend trifft er sich, gemeinsam mit Vorstand und Aufsichtsrat, zu einem Krisengespräch mit der Vereinsopposition. Die besteht aus einer Reihe früherer Präsidenten, unter ihnen der ehemalige Statt-Partei-Hobbypolitiker Jürgen Hunke.

Die Situation beim HSV ist desolat. Der Abstiegskampf in der Bundesliga kommt zu einem Zeitpunkt, wo die 500-Millionen-Spekulation „Arena am Volkspark“in Beton gegossen werden soll. Der Abstieg, soviel steht fest, muß verhindert werden. Denn welcher Investor würde sich schon für einen Zweitligisten interessieren? Doch die jetzige Vereinsführung kann den HSV nicht retten, glaubt die Opposition. „Ich traue dem Vorstand nicht zu, die Voraussetzungen für eine Zukunft in der Bundesliga zu schaffen“, verkündet Wolfgang Klein, Vereinspräsident der späten 70er und frühen 80er Jahre. „Egal, ob in der ersten oder zweiten Liga.“

Während Klein fordert, Seeler solle über einen Rücktritt nachdenken, vertritt Hunke die populistisch-karnevalistische Abteilung der Opposition: „Taktisches Fußballspielen bringt den HSV nicht weiter“, verkündet er. „Jetzt sollte man die mentale Schiene fahren. Ich habe vor Jahren zur Motivation eine Autorallye auf Mallorca mit den Spielern und deren Frauen gemacht. Anschließend haben wir die beste Serie seit langem gestartet.“Auch ein Trainer-Wechsel könne „gut sein“. Doch für derartige Vorschläge werden sich Sponsoren, DFB und Investoren kaum begeistern. Die Entlassung von Trainer Frank Pagelsdorf dürfte heute abend nicht das Thema sein. Denn ein verhinderter Abstieg allein löst die Probleme des Vereins nicht. Unausgesprochen stehen andere Punkte auf der Tagesordnung: Welche personelle Ausstattung ermöglicht dem HSV langfristig einen Börsengang und garantiert den Arena-Investoren Spekulationserfolge? Und wie kann der Verein seine Glaubwürdigkeit zurückgewinnen?

Mit der jetzigen Führung sicherlich nicht. „Der Aufsichtsrat ist nicht in der Lage, zu kontrollieren“, schimpft Wolfgang Klein. „Da sitzen nur Freunde und Bekannte von Uwe – das Gremium kommt quasi einem erweiterten Vorstand gleich.“Natürlich, gibt Klein zu, „war ich auch für Seeler. Aber er ist nur in einem starken Team der Richtige.“Der Anwalt hofft deshalb auf strukturelle Veränderungen. „Ich gehe davon aus, daß es spätestens bei der nächsten Hauptversammlung eine neue Satzung gibt.“Daran, daß sich Seeler mit der Rolle als Mannschaftsspieler zufrieden gibt, mag Klein dennoch nicht so recht glauben. Zu oft habe der Präsident schon die Rolle des Einzelkämpfers gespielt.

Doch eine Lösung muß her, wenn das Arena-Projekt und der damit erhoffte Imagegewinn für den HSV nicht gefährdet werden sollen. Außer vereinsinternen Querelen steht dem Bauvorhaben nicht mehr viel im Weg. Die politische Gefahr ist weitgehend gebannt, und die Investoren haben bereits geschafft, was dem HSV noch bevorsteht: Laut Bauplan soll das Stadion um die eigene Achse gedreht werden. So eine grundsätzliche Richtungsänderung steht dem Verein noch bevor. Uwe Wetzner