Die gnadenlose taz-Bilanz: Olympias wahre Sieger und Olympias böse Verlierer

DIE SIEGER

1. Yoshihiaki Tsutsumi (63), Japans reichster Wirtschaftsführer, hat für kleines (ins IOC investierte) Geld seine Wintersportgebiete per Schnellzug und Straßen mit Tokio verbunden.

2. Völkl, Skifirma von Seizinger, Gerg und Ertl, investiert etwa 2,5 Millionen Mark pro Jahr in die deutschen Alpinen und steht nun goldig glänzend da.

3. Hermann Maier (25), zweifacher alpiner Goldgewinner, vom Maurer zum internationalen Star, macht er Österreich glücklich.

4. Franziska Schenk (23), Eisschnelläuferin, verhinderte, daß Funktionäre, die „nur geil auf den Medaillenspiegel“ sind, ihr Gold einkassieren. Statt zu gewinnen, fiel sie hin. Das Bild des Sturzes, wie von Jim Rakete inszeniert, wird im Gedächtnis haften.

5. Larissa Lazutina (32), russische Langläuferin. Für ihre zwei Einzel-Goldmedaillen (je 180.000 Mark), das Staffel-Gold (45.000 Mark) und einmal Silber (35.000 Mark) soll nun der vom Staat versprochene Rubel rollen. Kollegin Danilowa (260.000 Mark) warnt allerdings angesichts der klammen Staatskasse: „Erst einmal muß ich das Geld haben.“

6. Dominik Hasek (33), tschechischer Eishockey-Torhüter, Erfinder des „zu null“. Dank ihm durften gestern 80.000 in der Prager Altstadt jubeln.

7. Klaus Angermann (ewig 25), ZDF-Rodelexperte, freute sich nach dem dritten deutschen Rodel-Gold wie der sprichwörtliche Angermann. „Das ist der größte Triumph seit der deutschen Wiedervereinigung“, schrie er. Nicht nur das: Sein eigener Anteil daran ist immens.

8. Matthias Berninger, Bundestagsabgeordneter der Grünen, verzichtete darauf, im steuergeld- gesponserten Abgeordneten- Troß in Nagano herumzuhängen. Er war der einzige.

9. Kristin Otto, (31) Fernseh-Journalistin, gilt nach einer sensationellen ZDF-Kampagne plötzlich als (außer in Dopingfragen) rundum kompetente und zudem attraktive Frau.

10. Verona Feldbusch (29), keine Ahnung warum, muß aber zwingend in jeder Liste auftauchen.

DIE VERLIERER:

1. Ross Rebagliati (26) , kanadischer Snowboard-Olympiasieger, statt seine Sportart als Rebellen gegen das IOC zu positionieren, machte er sich mit seiner Theorie vom Marihuana-Inhalieren ohne zu rauchen zum umgekehrten Clinton – und damit richtig lächerlich. Noch schlimmer: Die deutsche Snowboard-Olympiasiegerin Nicole Thost erwies sich als so brav, daß sie nun gar Ehrenbürgerin von Pforzheim werden muß.

2. Thomas Bach, Tauberbischofsheimer IOC-Mitglied, wurde im „Thüringer Pavillion“ in Nagano auf dem Tisch tanzend ertappt. So wird er natürlich nie IOC-Präsident.

3. CBS, drittgrößter US-amerikanischer Fernsehsender, investierte 375 Millionnen Dollar, hatte aber kaum Einschaltquote und muß sich zudem verlachen lassen, weil man den Sieg der US-Skifahrerin Picabo Street später vermeldete als das „Steinzeitmedium“ (New York Times) Zeitung.

4. Langlauf, ehrwürdige olympische Disziplin, wollte in Hakuba kaum einer sehen, am Fernseher auch nicht. Das seit einem Lillehammer-Hoch ständig geschrumpfte Wachstum der daranhängenden Branche dürfte Nagano kaum gestoppt haben.

5. Nagano muß den Mund halten und die Zeche bezahlen.

6. Mizuno, größter japanischer Sportartikelhersteller, warb auf der Jacke des Ex-Faschisten Samaranch. Unklug. Damit ist kein Image zu gewinnen.

7. Alberto Tomba (31), Ex-Olympiasieger in Geldnöten, obwohl nicht ausgeschieden, sah er sich den entscheidenden Slalom-Lauf auf seinem Zimmer am Fernseher an. Grund: Ihm war plötzlich eingefallen, daß er seine Skier „nicht mehr sehen“ mag.

8. Pascha Gritschuk (25), russische Eistanz-Olympiasiegerin, inszenierte sich dermaßen platinblond, daß sie es nie nach Hollywood schaffen wird, höchstens zu RTL 2 – als Moderatorin von „Peep“.

9. Gunda Niemann-Stirnemann, (31), Eischnellauf-Olmypiasiegerin und Fahnenträgerin. Zuviel Stirnemann.

10. Jochen Behle (37). Wer ist Behle?