Berauschender Streit

■ Die Schlammschlacht um die wahre Drogenpolitik geht in die nächste Runde

Mit den Worten, man könne „nicht länger die Mitverantwortung für eine Drogenpolitik tragen, die notwendige Schritte für eine Verbesserung des Angebots und der Betreuung“nicht gewährleiste, wurde gestern eine neue Runde in der Schlammschlacht um die wahre Drogenpolitik eingeläutet. Die Einrichtungen „Freiraum“, „Palette“, „Ragazza“und „Die Brücke“kündigen die 1996 mühsam errungene „Rahmenvereinbarung über Qualitätsstandards“mit der Stadt.

Zur Begründung heißt es, eine Modernisierung sei „in diesem Rahmen“nicht möglich. Die Sparquote sei zu hoch, die geplanten Gesundheitsräume seien zu schlecht ausgestattet, Innovationen nicht gewollt und im „Fachrat“, der die Qualitätssicherung begleiten soll, würden sie ausgegrenzt. Die Kündigung kommt medienwirksam vier Tage vor den Haushaltsberatungen im Gesundheitsausschuß.

In dem Streit zwischen einem Teil der Drogenhilfeeinrichtungen und der Sozial- und Gesundheitsbehörde geht es neben der Mittelverteilung und der Qualitätskontrolle auch darum, ob die Drogenhilfe in Form von Fixerräumen dezentralisiert werden soll. Werden die vier geplanten Gesundheitsräume an bestehende Einrichtungen „angedockt“, ginge „Freiraum“leer aus.

Hamburgs Drogenbeauftragter Horst Bossong weist den Vorwurf, die betreffenden Einrichtungen seien am „Fachrat“nicht beteiligt worden, zurück. Die Vertreter von „Palette“und „Freiraum“seien „nach der ersten Sitzung auf eigenen Wunsch ausgeschieden“. Die Qualitätssicherung sei notwendig, weil „nicht jeder Träger seine Standards selbst definieren“könne. Für Junkies müßten in jeder Einrichtung „Minimalstandards“garantiert sein. „Ich möchte mal wissen, was gegen Qualitätssicherung einzuwenden ist“, so Bossong. Den „Minimalkonsens aller Träger“in der Rahmenvereinbarung überraschend aufzukündigen, findet der Drogenbeauftragte „sehr bedenklich“. Die Folgen wolle er „sehr gründlich prüfen“. Silke Mertins