Wessel-Flugblatt in Briefkästen

■ Die Polizei ermittelt wegen eines Horst-Wessel-Flugblattes der rechtsextremistischen Kameradschaft Treptow. Das Flugblatt lag gestern in Treptower und Schöneberger Briefkästen

Die Polizei ermittelt wegen eines Horst-Wessel-Flugblattes der rechtsextremistischen Kameradschaft Treptow. Das Flugblatt, das an den Todestag von SA-Führer Horst Wessel am 23. Februar 1930 erinnert, wurde in Treptower und Schöneberger Briefkästen gefunden.

Unter der Überschrift „...Horst, wir marschieren wieder!“ heißt es in dem Pamphlet: „Die zahlreichen Aktionen gegen uns, die gerade in letzter Zeit gehäuft auftraten, sollen uns nicht davon abhalten, jenem großen Ziel zuzuarbeiten, dem schon Horst Wessel verpflichtet war. Auf „jedwede Repression, egal ob vom roten Straßenpöbel oder von uniformierten Systemknechten“, werde man mit „einer weiteren Intensivierung unserer politischen Arbeit reagieren“. In Anspielung auf die Wessel-Einheit „Sturm5“ hießt es: „Der Kampf geht weiter, bis es heißt: ,Sturm5 ist überall.‘“

Die Aufmachung des Flugblattes sei typisch für die Kameradschaft Treptow, hieß es gestern beim Verfassungsschutz. Die seit Ende 1994 bestehende Gruppierung wird als eindeutig rechtsextremistisch eingeschätzt. Sie besteht aus rund 30 Anhängern.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Polizei bei einer Hausdurchsuchung bei zwei Mitgliedern der Kameradschaft Treptow ein geplantes Rohrbomben-Attentat gegen ein junges PDS-Mitglied aufgedeckt. Neben Materialien zur Herstellung von Rohrbomben stellte die Polizei einen Karabiner und einen abgesägten Revolver sicher. Bei einer anderen Kameradschaft wurden Daten politischer Gegner gefunden. Verfassungsschutzchef Eduard Vermander sprach daher von einer „neuen Dimension“ des Rechtsextremismus. In Umkehrung der Verhältnisse beklagt das Flugblatt dagegen: „Auch heute noch sind nationale Sozialisten die Opfer von Anschlägen, die oft genug auf das Leben der Betroffenen abzielen.“

Die Kameradschaften entziehen sich durch ihre lockere Organisationsform gezielt einem Verbot. Laut Verfassungsschutz gibt es derzeit 13 Kameradschaften mit insgesamt etwa 120 Mitgliedern. Auffällig ist der Zulauf von Jugendlichen unter 21 Jahren. In den Kameradschaften sammeln sich auch frühere Mitglieder der verbotenen FAP. Dorothee Winden