Bürgerrechtler unter Staatsaufsicht

■ Der neue BvS-Entwurf zum Verkauf des Hauses der Demokratie torpediert eine mögliche politische Lösung. Beamtenbund soll Eigentümer des Hauses werden. Großteil der Bürgerinitiativen müßte aus dem Gebäude ausziehen

Die Nachfolgeorganisation der Treuhand, die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), wagt einen neuerlichen Versuch, einen Großteil der Bürgerrechtsgruppen aus dem „Haus der Demokratie“ in der Friedrichstraße zu drängen. Statt der Initiativen soll der Deutsche Beamtenbund für knapp 15 Millionen Mark neuer Besitzer des Hauses in prominenter Lage werden. Heute will die Unabhängige Kommission (UK) über das Haus der Demokratie beraten.

In der Vorlage des Entwurfes an die Unabhängige Kommission für das DDR-Parteienvermögen stehen statt der rund 1.500 Quadratmeter Bürofläche der Bürgerrechtsbewegung nun vier Etagen mit angeblichen 960 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Jutta Braband vom Neuen Forum bei der gestrigen Pressekonferenz: „Dieses Angebot ist verlogen. Den größten Teil dieser Fläche belegt das Treppenhaus. Tatsächlich sind es nur 329 Quadratmeter.“ Und dabei seien nicht einmal sanitäre Anlagen vorgesehen. Von den 46 heute ansässigen Initiativen müßten 42 das Haus verlassen. Die übrigen 4 dürften bleiben, da sie vor dem März 1990 in das Haus der Demokratie eingezogen waren. „Diese Spaltung lehnen wir ab“, sagte Klaus Wolfram, Verhandlungsführer der Bürgerinitiativen.

Das Papier sieht weiter vor, nach fünf Jahren Mietfreiheit von den Bürgerrechtlern den ortsüblichen Preis von 40 Mark pro Quadratmeter zu verlangen. „Ein Rausschmiß auf Raten, das können die Vereine doch nie aufbringen“, ärgert sich Wolfram. „Diesen Zwangsvertrag werden wir nicht akzeptieren.“

Sollte dieser Vertrag durchgesetzt werden, würde dies jahrelange Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen. Dabei hatte die Unabhängige Kommission erst Anfang Februar die historische Bedeutung des Hauses hervorgehoben. Auch die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen sprach sich in einem Beschluß für den Erhalt des Bürgerrechts-Gebäudes aus.

Detail am Rande: Aus der Vorlage an die UK geht nun hervor, daß das Bundesfinanzministerium den Verkauf an den Beamtenbund bereits befürwortet hat. Dieser würde großzügig vier Millionen an eine Stiftung zahlen, allerdings nicht zugunsten des Hauses der Demokratie, sondern in eine noch zu gründende, öffentlich finanzierte Stiftung. Diesbezügliche Anfragen der Verhandlungsgruppe an Finanzminister Theo Waigel (CSU) wurden nicht beantwortet. Probleme zwischen Mietern und Eigentümern soll im neuen Entwurf ein Schiedsgericht des Bundestagspräsidiums entscheiden. „Damit wird die Arbeit der Bürgerrechtler unter Staatsaufsicht gestellt“, so Wolfram.

Mit diesem Vorgehen würde eine politische Lösung torpediert werden: Die Verhandlungsgruppe der Mieter schlug vor, das Haus der „Stiftung Haus der Demokratie“ zu übertragen. Die Finanzierung solle aus eigenen Einnahmen erfolgen. Die Stiftung könne als Eigentümerin das Gebäude beleihen und damit Geld für Investitionen wie zum Beispiel eine bereits notwendige teilweise Renovierung aufbringen. Mit dem neuen Entwurf sind diese Pläne zum Scheitern verurteilt. „Die Kommission hat sich noch nicht auf einen Verkauf festgelegt.“ Und Christian von Hammerstein, Sekretär der UK, betonte die Notwendigkeit, das ehemalige DDR- Parteivermögen mit Gewinn verwerten zu müssen, eine Ausnahme für das Haus der Demokratie sei zwar möglich, aber vom Willen des Bundestages abhängig. Wolfram: „Eher lassen wir uns raustragen, als diesen Entwurf anzunehmen.“ Markus Viehauser