■ Mit dem Umweltgesetzbuch auf du und du
: Ein Gesetz für alle Fälle

Berlin (taz) – Es soll ein ganz großer Wurf werden. Die Bundesregierung plant ein Umweltgesetzbuch, das die bisher in vielen Paragraphen verstreuten Vorschriften zum Boden- und Gewässerschutz, zu Müll und Luftreinhaltung zusammenfaßt und harmonisiert. „Die gegenwärtige Umweltgesetzgebung ist nicht nur unübersichtlich. Sie ist zum Teil auch widersprüchlich“, so Dieter Sellner, Chef des Umweltausschusses des deutschen Anwaltsvereins. Er sitzt zusammen mit sieben anderen Männern in der Sachverständigengruppe, die einen 1.700seitigen Vorschlag mit 775 Paragraphen erarbeitet hat. Die 1992 vom damaligen Minister Klaus Töpfer berufene Expertengruppe besteht aus Professoren, Juristen und dem Umweltbeauftragten von Mannesmann.

Der erste Teil des Umweltgesetzbuchs (UGB I) soll bereits 1999 in Kraft treten, weil bis dahin zwei EU-Richtlinien umgesetzt sein müssen. Sie beschäftigen sich mit der Zulassung von Fabriken und Kraftwerken, Kläranlagen, Deponien und großen Ställen. Die müssen künftig nach einem „integrierten Verfahren“ beurteilt werden. Vorbei sind damit die Zeiten, in denen sich die für Luftreinhaltung zuständigen Beamten ausschließlich für die Schadstoffe interessieren, die aus dem Schornstein quellen, während sich ihre Kollegen von der Abfallbehörde mit den Stäuben in der Filteranlage beschäftigen. Die Trennung der Zuständigkeiten führt bislang oft dazu, daß die Reduzierung der Emissionen in einem Bereich mit höheren Belastungen anderswo bezahlt werden. Außerdem hofft die EU, daß die Anträge von Investoren auf diese Weise rascher beurteilt und genehmigt werden können.

Während das Umweltbundesamt dafür plädiert, auch in Zukunft Grenzwerte für Gift und Staub gesetzlich festzulegen, plädieren Industrievertreter für eine Einzelfallprüfung. Dabei berufen sie sich auf die EU-Richtlinie. Die schreibt zum einen den „Stand der Technik“ als Beurteilungsmaßstab vor. Zum zweiten sollen lokale Gegebenheiten beachtet werden. In Gebieten, in denen die Luft schon dreckig ist, könnten strengere Auflagen gelten als in unbelasteten Regionen. Umweltschützer fürchten, daß beim Kampf um Investoren und Arbeitsplätze Ökostandards hinten runterfallen.

Für die anderen Teile des Umweltgesetzbuchs gibt es bisher noch keinen Fahrplan. Sie beschäftigen sich mit so verschiedenen Bereichen wie der ökologischen Gestaltung von Produkten, Kriterien für Selbstverpflichtungen der Industrie und den Informationsrechten der Bevölkerung. Annette Jensen