SPD-Frau bekommt bei Sonnenenergie kalte Füße

■ Der geplanten 300-Kilowatt-Solaranlage in Heidelberg droht das finanzielle Aus

Heidelberg (taz) – Der Erfolg des Heidelberger Solar-Förderprogramms wurde ihm zum Verhängnis. Vor einem Jahr hatte die Stadt unter SPD-Oberbürgermeisterin Beate Weber die kostendeckende Vergütung für Solarstrom eingeführt. Daraufhin trat eine Betreibergemeinschaft an, um auf dem städtischen Betriebshof die größte von Privatpersonen finanzierte Solaranlage Deutschlands zu errichten. Zunächst schien alles glatt zu laufen. Doch dann schwenkte die Oberbürgermeisterin um: Statt 1,58 Mark pro Kilowattstunde soll es plötzlich nur noch 34 Pfennig geben. Öffentlich versichert Weber zwar noch, sie unterstütze das imageträchtige Großprojekt. Doch jeder weiß, daß die Anlage mit einer derart geringen Vergütung nicht realisierbar ist. Umweltbürgermeister Thomas Schaller (Grüne) ist erbost: Das Angebot sei nur ein „Scheinangebot“ und daher „unseriös“.

Eine aus 50 Personen bestehende Beteiligungsgesellschaft will auf den städtischen Gebäuden eine 300-Kilowatt-Anlage errichten. 3.000 Quadratmeter Solarzellen sind geplant. Heidelberg würde damit in die Spitzengruppe der deutschen Solarstädte vorstoßen – bisher liegt die installierte Solarleistung in der Neckarstadt gerade bei 42 Kilowatt. Da bei dem Großprojekt zudem eine neue Installationstechnik angewandt werden soll, könnte Heidelberg außerdem der Photovoltaikbranche einen Innovationsschub verpassen: Die Solarzellen sollen nicht allein auf dem Dach des städtischen Betriebshofes plaziert werden, sondern auch Verkehrsflächen überspannen – die Photovoltaikanlage würde damit zu einer modernen Überdachung für städtische Fahrzeuge.

Doch die Oberbürgermeisterin hat inzwischen Angst bekommen, daß die versprochene Vergütung für die Stadtwerke zu teuer werden könnte. Doch im Förderetat der Stadtwerke gibt es durchaus noch Spielraum. Und bislang finanzieren sie die erhöhte Einspeisevergütung nur aus Eigenmitteln. Sollte das nicht mehr möglich sein, können die Stadtwerke beim Wirtschaftsministerium eine Strompreiserhöhung von drei Prozent der Bereitstellungskosten beantragen, um die Mehreinnahmen zweckgebunden zur Solarförderung zu nutzen. Damit wäre die Photovoltaik für die Stadt ohne Mehrkosten zu haben.

Unterstützung für die Großanlage kommt von vielen Seiten. Die lokale Agenda-21-Initiative hat die Oberbürgermeisterin aufgefordert, das Projekt „auf jeden Fall“ zu realisieren. Auch der Gemeinderat will die Solaranlage. Er erteilte den Stadtwerken daher den Auftrag, mit der Betreibergesellschaft „über die Einspeisevergütung zu verhandeln mit dem Ziel, die Kosten der Stadtwerke niedrig zu halten und die Errichtung der Solaranlage zu ermöglichen“.

Umweltbürgermeister Schaller warnt nicht nur vor dem Imageverlust für die Kommune, die 1996 zur deutschen Umwelthauptstadt gekürt wurde. Weil die Verhandlungen mit den Investoren schon kurz vor dem Abschluß standen, als die Oberbürgermeisterin umschwenkte, könnten auf die Stadt enorme Kostenforderungen zukommen, warnt Schaller. „Die Betreibergesellschaft kann Vertrauensschutz geltend machen.“ Denn schon im Juli 1997 haben die Stadtwerke den Investoren eine Vergütung von 1,58 Mark für 20 Jahre fest zugesagt. Bernward Janzing