EU schenkt China weiße Weste

Verurteilung Chinas bei der UNO soll verhindert werden. „Man kann mit einem so wichtigen Land nicht umspringen wie mit Birma“, gibt deutscher Diplomat zu  ■ Aus Brüssel Alois Berger

Die Europäische Union will China künftig nicht mehr öffentlich wegen der Verletzung von Menschenrechten anklagen. Die 15 Außenminister der EU-Länder schworen sich gestern in Brüssel darauf ein, bei der nächsten Sitzung der UN-Menschenrechtskommission im April keine chinakritische Resolution zu unterstützen. Wird eine solche Resolution von einem anderen Land eingebracht, wird die EU-Delegation dagegen stimmen.

Zur Begründung sagte Bundesaußenminister Klaus Kinkel, die EU habe mit China einen Dialog über Menschenrechte begonnen, der mehr Erfolg verspreche als eine folgenlose Verurteilung Chinas. Seit einiger Zeit erinnern EU- Diplomaten die Machthaber in Peking bei Gelegenheit hinter verschlossenen Türen an die Menschenrechte. Künftig sollen solche Gespräche mindestens zweimal jährlich stattfinden. Man habe, so Kinkel, im Rahmen dieser Gespräche „positive Signale“ aus Peking bekommen, wonach die europäischen Sorgen wegen der Menschenrechtsverletzungen ernst genommen würden.

Ein deutscher Diplomat räumte dagegen ein, daß die meisten EU- Länder die ständig wachsenden Wirtschaftsbeziehungen zu China nicht länger durch öffentliche Verurteilungen belasten wollen. „Man kann mit einem so wichtigen Land nicht umspringen wie mit Birma.“ Das kleine Birma wird von der EU regelmäßig wegen seiner Militärdiktatur an den Pranger gestellt.

Vor einem Jahr hatte der Streit um eine chinakritische UN-Resolution zu heftigem Streit in der EU geführt. Vor allem Holland und Dänemark forderten eine Verurteilung, Belgien, Luxemburg, Schweden und Großbritannien schlossen sich an. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac und Bundeskanzler Helmut Kohl schalteten sich persönlich ein, um die Resolution zu verhindern. Die chinesische Regierung hatte mit einem 2,5-Milliarden-Mark-Auftrag für das europäische Flugzeugkonsortium Airbus gelockt. Dem massiven Druck von allen Seiten widerstand nur Dänemark, das schließlich als einziges EU-Land an der Verurteilung Chinas festhielt und von Peking dafür mit einer Verschlechterung der Beziehungen bestraft wurde.

Auch diesmal hat allein Dänemark ernsthafte Probleme mit der EU-Linie. Der dänische Außenminister zögerte gestern noch, sich dem chinafreundlichen Votum der anderen 14 Außenminister zu beugen. „Wir müssen Rücksicht auf die öffentliche Meinung nehmen“, soll ein dänischer Regierungsvertreter gesagt haben. Die kennt offenbar nicht den Unterschied zwischen Menschenrechtsverletzungen in China und in Birma.