Aussiedler im tiefsten Tenever

■ In Tenever leben 60 Nationen / Die meisten von ihnen sind Kinder

Ein Matratzenlager im Halbdunkel. 13 Uhr. Mittagsschlaf ist angesagt in der Kita auf der Scheven-moorer Heide. Unter dem schnuckeligen Gaubendach des Ruheraums liegt die zweijährige Aylin und reißt ihre Augen auf. „Schschsch“macht die große Olga(6) und streicht ihrer kleinen Freundin über den Kopf. „Schschscht“.

Eine Kita im tiefsten Tenever zeigte der Öffentlichkeit gestern ihre friedlichen Seiten. Die „Aktionstage Rußlanddeutsche“laufen – und: ja, und wo denn, wenn nicht im Hochhaus-Quartier Tenever?

Über 2.500 der 8.000 Menschen hier am östlichsten Stadtrand von Bremen sind Deutsche aus den Gebieten der ehemaligen SU. Neben 5.500 Menschen aus Deutschland und 60 weiteren Ländern. Die meisten sind unter 18 Jahre alt.

In dem kleinen Kita-Häuschen liegt köstlicher Pirogen-Duft in der Luft. Und viel Wehmut, wegen den russischen Akkordeon-Weisen. Sechs Kinder tanzen. Die heißen Matthias, Laura, Renate oder Olga, Kristina und Viktor und sind, so erzählen die Namen, zum Teil auf Tenever-Boden geboren, zum Teil noch ein paar tausend Kilometer weiter östlich. „Bei 'Katinka' tut mir das Herz furchtbar weh“, sagt die kasachstandeutsche Erzieherin Eugenie Hohm – ihre Kinder aber sagen zu ihr „Ach Mutti, du bist doch so dumm.“

So ist das mit den Generationen. Kinder sind rational. Das macht sie zum Hoffnungsträger der netten Erzieher. Für das eigentlich gar nicht so häßliche Tenever mit seinen 3.000 Sozialhilfe-Empfängern und seinem Image von Resignation und Gewalt. „Ach, das Image“, sagt Joachim Barloschky, verantwortlich für das Projekt „Tenever Nachbesserung“. „Erst lebte jede Gemeinschaft hier für sich. Und mit den ersten Kontakten kommt es zu den ersten Reibungen.“Ein normaler Wachstums-Prozeß? Bei einer jährlichen Wegzugs-Quote von 20 Prozent? ritz