Hausbesetzerära endet mit totem Hund

■ Nach der Räumung der Pfarrstraße Nummer 104 gibt es in der Stadt keine besetzten Häuser mehr. Innenverwaltung begründet die Aktion damit, daß die Bewohner sich verbarrikadiert hätten und eine Klage nic

Berlin ist hausbesetzerfrei: Das letzte besetzte Haus der Stadt in der Pfarrstraße 104 ist gestern von Beamten des SEK und der Bereitschaftspolizei geräumt worden. Die dreistündige Aktion kam für die elf anwesenden Bewohner völlig überraschend. Ihnen war keine gerichtliche Räumungsklage zugestellt worden. Die Innenverwaltung begründete die Räumung damit, daß sich die Bewohner verbarikadiert hätten und der Gerichtsvollzieher eine Klage nicht hätte überbringen können. Dem widersprach der Anwalt der Hausbewohner Ulrich Endesfelder: „Das stimmt einfach nicht. Man versucht im nachhinein eine Rechtfertigung zu finden.“ Auch der PDS-Abgeordnete Freke Over sprach von vorgeschobenen Gründen: „Der Großteil der Bewohner war polizeilich unter dieser Adresse gemeldet. Sie hätten rausgeklagt werden müssen.“

Gegen 7.50 Uhr waren gestern 150 Beamte des SEK und der Bereitschaftspolizei in das Haus eingedrungen. Weitere 110 Polizisten sicherten die Umgebung. Im Zuge der Räumung erschoß ein Polizist den Hund eines Bewohners. Angeblich habe dieser einen Beamten in die Hand gebissen. „Der Hund war an der Leine und völlig friedlich. Dann haben sie ihn mit drei Schüssen abgeknallt und gemeint, jetzt könne ich ihn als Bettvorleger benutzen“, sagt Hundebesitzer Patrik. Er selbst trug eine Prellung am Auge davon. „Die haben mich auf den Boden geschmissen, und mir zweimal ins Gesicht getreten.“ Die Innenverwaltung sprach von einer „reibungslosen“ Durchführung.

Die Polizeiaktion läuft der bisherigen Berliner Linie zuwider, nach der erst bei Vorlage einer Baugenehmigung eine Räumung erfolgen kann. Eine solche liegt jedoch nicht vor. Die Innenverwaltung verwies darauf, daß dem Eigentümer der Zutritt verweigert worden sei, weshalb er auch keinen ausführlichen Plan des Hauses anfertigen lassen konnte. Deshalb handle es sich um eine polizeiliche Maßnahme, um die privaten Rechte eines Investors zu schützen.

In die Entscheidung, das Haus zu räumen, wurde auch der örtliche Bezirksbaustadtrat Andreas Geisel (SPD) nicht miteinbezogen, obwohl er ausdrücklich darum gebeten hatte. „Weil eine solche Sache natürlich Unruhe in die Straße bringt, hätte ich gerne vorher Bescheid gewußt. Dies ist nicht geschehen. Darüber bin ich sauer.“

Anwalt Endesfelder plant, eine einstweilige Verfügung gegen die Räumung einzureichen. „Einfach den zivilrechtlichen Weg durch einen polizeirechtlichen auf drei Stunden zu verkürzen, da habe ich Bedenken.“ Peter Kasza

Bericht auch Seite 7