Frauenhandel-Prozeß: „Ein klassischer Fall“

■ Ein deutsch-thailändisches Ehepaar steht wegen Menschenhandels in Moabit vor Gericht

„Ein klassischer Fall“, findet Nivedita Prasad. Die Mitarbeiterin von Ban Ying weiß, wovon sie spricht. Ihr Projekt befaßt sich mit Frauenhandel. Als Zuschauerin verfolgt Nivedita Prasad im Landgericht Moabit diesen „klassischen Fall“.

Zwei Männer und eine Frau sind wegen Menschenhandels und Zuhälterei angeklagt. Sureewan G., die selbst aus Thailand stammt, und ihr Mann, Hans-Joachim G., sollen in der Zeit von Juni 1996 bis Juli 1997 drei thailändische Frauen in die Bundesrepublik gebracht und hier zur Prostitution gezwungen haben. Der Bruder von Hans- Joachim G., Udo, soll eine der Frauen bewacht und sie zu ihren Freiern gefahren haben. Die drei äußerten sich gestern nicht.

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft spielte sich das Ganze so ab: Das Ehepaar G., seit zehn Jahren verheiratet, ist häufig im Heimatort der 38jährigen Ehefrau. Auch die drei Frauen stammen hierher. Eine der drei ist die jüngere Schwester der Angeklagten, eine zweite eine gemeinsam Freundin des Ehepaars. Dieses versprach den Frauen, sie in Deutschland zu verheiraten oder ihnen eine Arbeit als Zimmermädchen in einem Hotel zu besorgen, das angeblich Hans- Joachim G. gehört. Mit Touristenvisa reisten die drei Frauen in Berlin ein. Hier nahm das Ehepaar ihnen Ausweise und Rückflugtickets weg. Außerdem verlangte es, daß die drei ihre Schulden von je 4.500 Mark, die durch die Einreise entstanden seien, abarbeiten: durch Prostitution. „Die Summe ist eher untypisch“, urteilt Ban-Ying-Mitarbeiterin Prasad. Meist sei sie zehnmal so hoch.

Die Frauen wurden in Wohnungen in Charlottenburg verfrachtet, über Boulevardblätter wurden Freier gesucht. Zu diesen fuhr sie Udo G., manchmal mußten sie ein Taxi nehmen. Sureewan G. befahl ihnen, „alles zu tun, was die Männer wollten“, so die Staatsanwältin. 100 Mark kassierten die Frauen für den Sex, weitere 80 Mark für die Anfahrt. 50 Mark durften sie behalten, mußten davon aber 10 Mark Miete pro Tag und 200 Mark Inseratkosten abbezahlen.

Natanat S., eine der Zeuginnen, schaffte drei Monate für die G.s an. Als sie aufhören wollte, habe Hans-Joachim G. sie angeschrien und geschlagen, liest der Vorsitzende Richter aus dem Vernehmungsprotokoll vor. Wie eine weitere Zeugin erscheint Natanat S. nicht vor Gericht. Die jüngere Schwester der Angeklagten kommt zwar, sagt aber nicht aus. „Warum sollten sie auch?“ urteilt Prasad von Ban Ying. „Sie haben doch nichts davon. In den meisten Fällen wird es für sie nur gefährlicher, und abgeschoben werden sie sowieso.“ Der Prozeß wird Montag fortgesetzt. Sabine am Orde