Lehrermangel vorprogrammiert

■ Hochschulen beharren auf Studienplatzabbau bei den Pädagogen. Nach GEW-Berechnungen bilden sie künftig nur noch ein Viertel des Berliner Bedarfs aus. Forderung nach Zentralinstitut

Die Universitäten der Stadt haben kein Herz für LehrerInnen. Auf ihrem politisch verordneten Schrumpfkurs lassen sie vor allem die wenig prestigeträchtigen Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften bluten. Dazu mochten sich die Uni-Vizepräsidentinnen bei einem Diskussionsforum der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) am vergangenen Montag abend zwar nicht offen bekennen, doch die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.

Selbst nach der vorsichtigen Prognose des Senats wird das Land in rund zehn Jahren wieder tausend LehrerInnen jährlich brauchen. Wegen der hohen „Schwundquote“ bis zum Examen forderte die stellvertretende GEW-Landesvorsitzende Brigitte Reich gar eine Kapazität von zweitausend StudienanfängerInnen pro Jahr. Eingeplant haben die Universitäten aber in Erziehungswissenschaften, Grundschulpädagogik und Pädagogischer Psychologie nur rund fünfhundert Erstsemester.

Der SPD-Hochschulexperte Bert Flemming wies jedoch darauf hin, daß diese Disziplinen nur den „Flaschenhals“ der Ausbildung bilden. Das eigentliche Fachstudium hingegen absolvieren die angehenden LehrerInnen gemeinsam mit Magister- und DiplomstudentInnen. Den Bedarf an GymnasiallehrerInnen, die kaum pädagogisch-didaktische Seminare besuchen müssen, können die Hochschulen daher weiter decken.

Auf sie wird der größte Teil der rund tausend jährlichen Lehramtsstudienplätze entfallen, die Humboldt- und Freie Universität künftig anbieten werden. Gebraucht werden aber mehr Grundschul- als GymnasiallehrerInnen, gestand FU-Vizepräsidentin Christine Keitel-Kreith. Ihre HU-Kollegin Ursula Schaefer mußte berichten, daß ihre Hochschule trotz des Mangels an Sonderschullehrern die ProfessorInnenstellen für Rehabilitationswissenschaft halbieren will. „Wir haben den Abbau längst hinter uns“, atmete hingegen HdK- Vizepräsidentin Gundel Mattenklott erleichtert auf.

Die Technische Universität (TU) wollte nach einem Beschluß ihres Akademischen Senats eigentlich überhaupt keine LehrerInnen mehr ausbilden. Doch auf BerufsschullehrerInnen wird sie als Monopolanbieterin nicht verzichten dürfen. Auch StudienrätInnen wird sie aus ihrem Programm nicht streichen können, ohne die kleinen Geisteswissenschaften zu gefährden. „Es geht auch um die Sicherung der Magisterstudiengänge“, sagte der Dekan der TU-Erziehungswissenschaften, Ulf Preuß-Lausitz. Gern unterstellen die Hochschulen dem Wissenschaftsstaatssekretär Erich Thies (CDU), er wolle trotz anderslautender Bekenntnisse die „integrierte Lehrerbildung“ an den Universitäten abschaffen. Mattenklott berichtete, Thies favorisiere das „baden-württembergische Modell“, Grund-, Haupt- und Realschullehrer wieder an Pädagogischen Hochschulen auszubilden. Die GEW hingegen schlägt vor, die universitäre LehrerInnenbildung mit einem „hochschulübergreifenden Zentralinstitut“ zu retten. Auch die bündnisgrüne Abgeordnete Sybille Volkholz hingegen erinnerte daran, daß fehlende Absprachen der Hochschulen die jetzige Situation verschuldet haben. Sie forderte von ihnen „zumindest eine geordnete Koordinierung der Gerüchte“. Ralph Bollmann