Wunder und andere Kleinlichkeiten

■ Robert Dornhelm, der Regisseur von „Der Unfisch“, über Jonglage, Hilflosigkeit und Gier

Was für einen Film er gemacht hat, weiß er eigentlich selbst nicht. Poetisch und schön ist er jedenfalls geworden. Mit skurrilem Humor erzählt Robert Dornhelm in Der Unfisch die Geschichte eines abgelegenen Bergdorfes, in dem ein Schausteller einen präparierten Wal hinterläßt. Wer im Bauch des Tieres mit der Erbin Sophie (Maria Schrader) schläft, bekommt einen Wunsch erfüllt. Als sich das Wunder herumspricht, bleibt nichts, wie es war.

Der in Rumänien geborene, nach Österreich emigrierte und mittlerweile in Amerika lebende Regisseur zählt mit seinen 50 Jahren schon zu den Veteranen unter den Filmemachern. Mit berühmten Leuten hat er zusammengearbeitet. Doch allenfalls Kinder der Theaterstraße (1976) und Echo Park (1985) haben international Beachtung gefunden. Am Donnerstag ist in Deutschland Der Unfisch (in Hamburg im Neuen Broadway) angelaufen – mit nur 15 Kopien.

taz hamburg: Was hätten Sie sich denn in Sophies Armen gewünscht?

Robert Dornhelm: Einen großen Verleih für Deutschland vielleicht – aber es geht ja nicht um materielle Wünsche. „Man ist das Wünschen nicht gewöhnt“, sagt der Bürgermeister im Film. Genauso ist es.

Zehn Jahre haben Sie am „Unfisch“gearbeitet. Was hat Sie so daran fasziniert?

Am Skript haben wir sogar elf Jahre, gearbeitet. Es gab immer wieder andere Fassungen von Michael Köhlmeiers Drehbuch, aus dem später ja sein bekannter Roman wurde. Auch weil es hieß, so kriegen wir Geld. Der Film selbst hat nur sechs Wochen gedauert. Die Faszination, das war der Geist von Köhlmeier, seine Jonglierkunst mit der Sprache, die Nostalgie, das Unkonventionelle.

Haben Sie gezweifelt?

Ich habe immer noch Schwierigkeiten mit der Dramaturgie des Films. Ich hatte große Angst, voll auf die Nase zu fallen – voll! Ich hatte Angst, daß wir das, was auf dem Papier möglich war, nicht nachvollziehen können. Der Erzähler – das ist ja die Stimme vom Köhlmeier – war eigentlich nur für den Schneideraum gedacht. Ich wollte, daß er mir die Geschichte beim Schneiden nacherzählt, damit ich nicht völlig den Überblick verliere. Später haben wir seine Stimme dringelassen. Es war die pure Hilflosigkeit, die uns dazu brachte.

Die Dorfbewohner haben Sie trotz ihrer Gier sehr liebevoll gezeichnet. Haben Sie Sympathie für diese kleinlichen Menschen?

Ja, natürlich! Ich liebe sie alle. Ich finde, es ist viel interessanter, diese Leute liebevoll zu behandeln. Entweder ich mach' mich über sie lustig, dann geht's auf ihre Kosten, oder ich verstehe sie und schmunzele mit ihnen.

Arbeiten Sie sich an österreichischen Traumata ab?

Auf der Berlinale im letzten Jahr hat mal ein Kritiker behauptet, das Thema sei der Fremdenhaß der Österreicher. Ich habe nie daran gedacht. Ich hatte immer den Traum, mal das russische Volksmärchen über den armen Fischer, der einen goldenen Fisch fängt, zu verfilmen. Er läßt den Fisch leben, und der erfüllt ihm dann seine Wünsche. Der Köhlmeier hat mir dann von einer Prostituierten in einem österreichischen Dorf erzählt. Als man sie wegjagte, kam Zwietracht auf, Männer schlugen ihre Frauen. Wir haben das ganz unschuldig vereint. Da ist nichts Intellektuelles raffiniert verpackt worden.

Maria Schrader spielt die Hauptrolle der Zauberin – nachdem sie in „Stille Nacht“von Dani Levy noch die laszive Erotikfrau gegeben hatte. Wieso diese Wahl?

Ich hab' diesen Film gesehen und gedacht, sie ist doch die Falsche für diese Rolle. Ich habe sie dann getroffen und war eigentlich recht angetan. Sie hatte genau das, was ich wollte – auch so eine besondere Einstellung zu ihrem Körper und dem ganzen Thema. Ich wäre da viel behutsamer gewesen.. Aber ohne, daß sie gefragt worden wäre, stand sie plötzlich nackt da. Das hat das Eis gebrochen, die Peinlichkeit 'rausgenommen und zu dieser Art Unschuld geführt.

„Was ist das eigentlich für ein Film?“sollen Sie sich während der Dreharbeiten gefragt haben. Was für einer ist es denn geworden?

Was mir immer auffällt, egal in welchem Land ich den Film zeige, ist, daß die Leute schmunzeln. Es ist keine Komödie, aber doch ein Film zum Wohlfühlen. Und auch kein Märchen, es steht dem magischen Realismus näher. Ein deutscher Kritiker hat geschrieben, er konnte sich das Grinsen nicht vom Gesicht wischen. Das fand ich sehr schön.

Fragen: Sabine Claus