■ Vorschlag
: Künstler spiegeln sich im Bethanien

Mitte des 18. Jahrhunderts, so konstatiert Oskar Bätschmann in seinem Buch über „Ausstellungskünstler“, verändert sich der Wirkungskreis des Künstlers. An die Stelle der Auftraggeber aus Adel und Kirche tritt die Ausstellung als selbständige Institution. Der Künstler sieht sich nunmehr mit einer Situation konfrontiert, in der das Ausstellen zur „Lebensfrage“ für den Künstler wird, wie es Eduard Manet einmal formulierte. Die Ausstellung wird zum Inbegriff eines marktorientierten Kunstverständnisses, dem sich der Künstler, will er erfolgreich sein, bis heute zu unterwerfen hat.

Mit diesem Tatbestand hat sich eine Gruppe Berliner Künstler beschäftigt, aus deren Überlegungen nun eine Ausstellung im Künstlerhaus Bethanien hervorgegangen ist. Im zweiten Stock des Gebäudes am Mariannenplatz betritt man einen leeren, fensterlosen und neonbeleuchteten Raum, an dessen Wänden in gleichmäßigem Abstand rund 80 kleinformatige Fotos kleben. Die Aufnahmen stammen aus dem Fundus der sechs beteiligten Künstler: Martina Debus, Thomas Hauser, Volkhard Kemptner, Heike Mack, Manfred Miersch und Andreas Pfab dokumentieren damit ihre künstlerischen Arbeiten. Die Fotos selbst aber sind nicht mit Namen versehen, sondern hängen wahllos und unzuordbar nebeneinander. Außerdem ist ihre technische Ausführung fehlerhaft, mal sind die Bilder unscharf, mal überbelichtet oder farbstichig, und zum Teil bekommt man nur schiefe Ausschnitte des fotografierten Objekts zu sehen.

Die Mangelhaftigkeit der ohnehin fast im Raum verschwindenden Fotos, die Anonymität der Künstler, die fehlenden „Originale“, das alles ist Programm. Als Geste der Verweigerung unterminiert „Dokument“, was andere Ausstellungen sonst garantieren. Zugleich fragt man sich, wieviel materielle Substanz im Raum präsent sein muß, um den Konventionen einer Ausstellung gerecht zu werden. Dabei erhalten die Fotos gerade durch ihre absichtliche Fehlerhaftigkeit eine eigenständige Qualität. Sie spiegeln den subjektiven Blick des Künstlers auf sein Werk wider und entgehen damit der lediglich repräsentativen Funktion. Das Foto sagt eher schon etwas über den Dialog mit dem abfotografierten Gegenstand aus. Das wiederum führt zu der Frage, was hier eigentlich ausgestellt wird: Objekte oder Abbildungen von Objekten? Neu ist diese Herangehensweise nicht, man denke nur an Yves Kleins Ausstellungen von leeren Räumen. Dem kann man allerdings entgegenhalten, daß der Kontext des Künstlers als „Ausstellungskünstler“ ja nach wie vor besteht, so daß auch die Reflexion über sein Selbstverständnis weiterhin aktuell und notwendig bleibt. Katja Stopka

Bis 8. März im Künstlerhaus Bethanien, Mariannenplatz 2