Atempause für 200.000 Bosnier

■ Änderungsvorschläge des Bundesgesundheitsministeriums zum Asylbewerberleistungsgesetz. Bosnier von Streichung der Sozialhilfe bis 1999 ausgenommen

Berlin (taz) – Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Reihe von Änderungsvorschlägen für das verschärfte Asylbewerberleistungsgesetz vorgelegt. Danach sollen Flüchtlinge aus Staaten, in die laut Beschluß der Innenministerkonferenz ein Abschiebestopp besteht, wie bisher Sozialhilfe, Unterkunft, medizinische Versorgung und Prozeßkostenbeihilfe erhalten.

Ausgenommen von der Streichung wären bis Mitte 1999 auch Bosnier, die vor Unterzeichnung des Dayton-Abkommens als Bürgerkriegsflüchtlinge in Deutschland lebten. Damit würden von den ursprünglich rund 300.000 Betoffenen mehr als 200.000 Menschen vorübergehend noch Sozialleistungen erhalten. Die Änderungen gehen auf Proteste von Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Ausländerinitiativen zurück. Das Bundeskabinett wird sich Mitte März mit der Gesetzesnovelle beschäftigen. In dem ursprünglichen Gesetzesantrag geht es um die vollständige Streichung des Sozialhilfeanspruchs für geduldete Flüchtlinge. Würden die Vorschläge ins Gesetz aufgenommen, blieben als betroffene Hauptgruppen die rund 50.000 Kosovo-Albaner sowie 25.000 abgelehnte vietnamesische Asylbewerber. Beide Gruppen werden von ihren Herkunftsländern nicht bzw. nur zögerlich aufgenommen. Ausländerbehörden nötigen sie dennoch zur freiwilligen Ausreise. Im Unterschied zu dem vom Bundesrat abgesegneten Gesetzestext wären sämtliche ab Inkrafttreten des Gesetzes neu illegal in die Bundesrepublik einreisenden Flüchtlinge von Sozialleistungen ausgeschlossen, sofern sie nicht ins Asylverfahren gehen. Das beträfe auch neu einreisende Bürgerkriegsflüchtlinge. Nach dem Entwurf sollen geduldete Flüchtlinge, falls das „im Einzelfall unabweisbar geboten ist“, ein Bett und Verpflegung in Gemeinschaftsunterkünften, aber kein Taschengeld erhalten. Wenn das Sozialamt keinen unabweisbaren Anspruch erkennt, bekommen sie nur Butterbrot und Rückfahrkarte. Bislang wohnen geduldete Flüchtlinge jedoch nicht in Gemeinschaftsunterkünften. Für Pro Asyl stellt sich die Frage, ob „die Bundesregierung zentralisierte Internierungslager für alle Menschen plant, die nach ihrer Interpretation ausreisepflichtig sind“. Marina Mai