Symbolische Sonnenuhr

Studierende wollen die Universität mit Solaranlagen ausrüsten. Mit viel Engagement – nur bei der Finanzierung hapert's noch  ■ Von Ilonka Boltze

Ein futuristisches Zählwerk mit rotierenden Zifferblättern am Eingang des Philosophenturms – keine Anspielung auf die Vergänglichkeit und auch keine erbarmungslose Stechuhr für notorische Nachzügler in leistungsorientierten Zeiten. Was dort auf dem Campus in einem Jahr stehen könnte, ist eine symbolische Sonnenuhr, die in Kilowatteinheiten zählt, wieviel natürliche Energie mit Solarzellen gewonnnen werden kann.

Hamburgs Studierende wollen noch in diesem Semester umweltpolitische Zeichen setzen und planen, Solaranlagen auf Dächern und Fassaden der Unigebäude zu installieren. Das Zählwerk soll den Energiegewinn sichtbar machen. Lanciert wird die Idee als Ökoprojekt der Juso-Hochschulgruppe. In den studentischen Selbstverwaltungsgremien Asta und Studierendenparlament ist sie bereits auf breite Zustimmung gestoßen.

„Spätestens im April 1999 sollen die ersten Solaranlagen auf den Dächern angebracht sein“, gibt sich Juso-Vertreter Raoul Machalet optimistisch. Auch Universitätspräsident Jürgen Lüthje habe bereits seine Zustimmung signalisiert – ohne allerdings eine Kostenbeteiligung in Aussicht zu stellen. Bei den laufenden Umbaumaßnahmen wurde die Möglichkeit der Umrüstung auf Solarenergie bisher nicht berücksichtigt. Und während sich die Verwaltung der Universität mit Hilfe der Umweltbehörde gerade zu einem Wassersparmodell „Beim Pinkeln Pinke sparen“durchringen konnte, wird die Planung für die Installation von Solarzellen deshalb vor allem unter studentischer Regie laufen. Schwierigkeiten könnten dabei Neubauten wie Helmut Greves Flügelbauten machen. „Wir haben Herrn Greve bereits im vergangenen Jahr auf die Energieversorgung mittels Photovoltaik angesprochen“, sagt Mathematikstudent Machalet. Jedoch: Es seien bereits genügend energiesparende Gesichtspunkte berücksichtigt worden, wurden die Jusos damals beschieden.

Anders beim demnächst abgeschlossenen Bauprojekt Bücherturm des Fachbereichs Rechtswissenschaften: „Dort bieten sich vor allem an der Fassade Solarzellen an, die von weitem erkennbar wären“, hofft Machalet auf Kooperation. Sollte der ab April neu zusammengesetzte Asta den Solarenergieplänen zustimmen, wollen die InitiatorInnen gemeinsam mit der studentischen Vertretung die Dächer begehen, Gespräche mit verschiedenen Betreibergesellschaften führen und sich von der nichtkommerziellen europäischen Organisation Eurosolar beraten lassen.

Den Anfang sollen Photovoltaikanlagen auf dem Dach des pädagogischen Institut oder des Philosophenturms machen, mit einem „Kostenfaktor von etwa einer halben Million Mark“. Der symbolische Gehalt steht für die Studierenden zunächst noch über dem mit einem solchen Etat limitierten Energiegewinn. „Wir wollen auch mit eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten Zeichen setzen und mehr Bewußtsein für regenerative Energien schaffen“, meint der 24jährige Raoul Machalet. „Hier an der Uni müßte in Sachen Forschung mit regenerativen Energien viel mehr passieren und das Thema gesellschaftliche Verantwortung im Umgang mit Energieressourcen ein breiteres Forum bekommen.“

Unterstützung erhofft sich die Hochschulgruppe von forschungsnahen Fachbereichen wie Physik, Chemie, Biologie, Informatik oder dem Rechenzentrum – Fachbereiche, die auch an dem Ende 1997 gegründeten Uni-internen „Energietisch“sitzen, der sich als Teil der Hamburger Initiativen zur Umsetzung der Lokalen Agenda 21 versteht. Diese Fachbereiche testen zur Zeit Energiesparmöglichkeiten aus, indem sie ihren Energie- und Wasserverbrauch dezentral kontrollieren. Wird der Energieverbrauch gemindert, wollen die Zentralverwaltung der Universität und die jeweiligen Fachbereiche sich den Ein-sparungsgewinn nach der „fifty/fifty“-Idee teilen – ein Finanzierungsmodell, welches in abgewandelter Form auch den InitiatorInnen des Solarprojekts vorschwebt.

Allerdings stellt die Finanzierung bisher noch ein eher nebliges Kapitel in der Planung der Hochschulgruppe dar. Neben der Unterstützung aus den Fachbereichen setzt sie auf Förderungsgelder der Stadt und „auf Sponsoren, wobei darüber im Asta abgestimmt werden muß“. Und „außerdem wollen wir über Uniparties studentische Gelder eintreiben“. Sollten über solche „Solarparties“ein Fünftel der Kosten getragen werden, dann, so schätzt Machelet, müßten an die tausend Studentenfeten reichen. Das verspricht ein feierfreudiges Semester im Zeichen der Sonne.