■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Lieber Blues als Kabarett!

Bremerhaven hat nur wenige Genies. Das ist dieser Tage wieder deutlich geworden. Da ist ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der beherrscht die Mundharmonika so gut, daß die Musik in Blues-Konzerten 400 Personen „im Takt mitswingen“läßt. Das Dumme daran: Der Mann war in den letzten Jahren dauernd krank geschrieben, auch in jenen Tagen.

Weniger genial war der Arbeitgeber des Künstlers, der ihm eine Abmahnung schickte – wegen Ausübens einer nicht genehmigten Nebentätigkeit. In zwei Instanzen mußte die Stadt Bremerhaven sich durch das Arbeitsgericht belehren lassen, daß künstlerische Aktivitäten keine genehmigungspflichtige Nebentätigkeit sind. Daß das Blues-Konzert der Genesung abträglich gewesen sei, habe der Arbeitgeber nicht vorgetragen, schrieb das musikalisch einschlägig vorgebildete Arbeitsgericht in das Urteil, eher könne man daher davon ausgehen, „daß die Ausübung künstlerischer Tätigkeit ... eine positive Wirkung auf die Psyche des Arbeitnehmers habe und damit die körperlichen Kräfte stärke“.

Das brachte den Bremerhavener Oberbürgermeister in Rage. „Zu krank für den Job, abends auf der Bühne“formulierte er in einer Pressemitteilung, in der er seine Niederlage vor dem Arbeitsgericht in alle Welt hinausposaunte und zudem dokumentierte, daß er, wiewohl Personaldezernent der Stadt, wenig Genie beim Verständnis arbeitsrechtlicher Texte hat.

Der Eindruck mangelnden Genies wird verstärkt durch eine andere Tatsache: Manfred Richter geht immer wieder auf Tour als Hobby-Kabaretist. Dafür hat er natürlich keine Nebentätigkeitsgenehmigung, obwohl er ignoriert, daß er die gar nicht braucht – falls man sein Kabarett als künstlerische Tätigkeit im Sinne des Bundesarbeitsgerichtes auffassen kann. Nun hat das Bundesarbeitsgericht (4 AZR 746/78) als ein Kriterium aber definiert, daß die Verrichtungen „nicht ganz ohne Erfolg“vor dem Publikum ausgeübt werden.

Insbesondere bei Richters letzten Auftritten im niedersächsischen Wahlkampf war ihm ein „Erfolg“, der sich an dem des Blues-Musikers messen könnte, nicht beschieden. Klar ist nur, daß die Auftritte Arbeitszeit kosten, die bei einer Führungskraft bis in die Abendstunden geht.

Im Falle des Oberbürgermeisters hätte das Landesarbeitsgericht deshalb anders entscheiden müssen. Sein Glück war, daß der vom Personaldezernenten keine Abmahnung bekommen hat, findet Rosi Roland