„Effizienz ist auch in einer öffentlichen Verwaltung möglich“

■ Wie die Kulturverwaltung anderswo reformiert wird: Bemerkungen aus Nürnberg, Osnabrück, Mühlheim und Dortmund

Der Weihrauch der „Anstoß“-Gutachter hat sich verzogen. Die Diskussion um die Reform der Kulturförderung wird ernsthafter – na, immerhin vielfarbiger. „Kontraktmanagement und Betriebsformen in der Steuerung von Kultur“hieß das Wortungetüm, unter dem die in Fachkreisen geschätzte Kulturpolitische Gesellschaft (KuPoGe) gestern zur Debatte über die McKinsey-Folgen lud und endlich den Versuch unternahm, den Deckel der Bremer Käseglocke und heimischer Bedenkenträgerei zu liften. „Wie machen es die anderen“, lautete die Frage und die Antwort: vor allem anders.

„Der Streit um McKinsey überblendet, daß von allen Beteiligten ein Reformbedarf der Kulturförderung und -steuerung gesehen wird“, sagt Gastgeber Thomas Frey. Allein anderswo – namentlich in Dortmund, Nürnberg, Mühlheim oder Osnabrück – wird der Bedarf längst in Reformen übersetzt. Nur den Bremer Weg der geplanten Dreiteilung in eine GmbH, einen Eigenbetrieb und einen Verein zuzüglich einer Kernverwaltung geht keiner von denen auf dem Podium mit. Und dies, obwohl das Reformmotiv überall gleich war und ist: Sparzwang oder gar eine Haushaltsnotlage.

Zum Beispiel in Mühlheim. „Wir in der Kultur haben gesagt, wir bewegen uns als erste“, berichtet Ex-Kulturderzernent Hans-Georg Küppers, der unlängst ins Düsseldorfer Kultusministerium aufgestiegen ist. Vor drei Jahren wagten Küppers und Co den Spagat aus der Erfüllung von Sparauflagen und Reform. Das ehemalige Kulturamt mit seinen nachgeordneten Dienststellen ist inzwischen ein Eigenbetrieb mit 30-Millionen-Etat und 220 Beschäftigten. Die Vorteile: Übertragbarkeit von Etats über das Haushaltsjahr hinaus, Autonomie in der Mittelverwendung und ein erheblicher Motivationsschub beim Personal. „Meinen kleinen Garten bewirtschafte ich lieber als einen anonymen Großbetrieb.“

Vom Amt oder städtischen Regiebetrieb bis hin zum Zweckverband reicht die Palette der Organisationsformen. Die MühlheimerInnen indes haben sich ganz bewußt für einen Eigenbetrieb entschieden: „Eine GmbH ist rein rechtlich der öffentlichen Kontrolle entzogen“, lautet Küppers Begründung, „und das wollten wir nicht.“Die gleiche Entscheidung fiel in Dortmund. Seit drei Jahren fördern und steuern zwei Eigenbetriebe mit 120-Millionen-Mark-Etat das kulturelle Leben der Stadt – Einzelheiten regelt ein Kontraktsystem.

Trotz Reform gibt es in Mühlheim Kompromisse: Die sogenannten Querschnittsressorts Personalamt, Bauamt und Stadtkämmerei wehren sich gegen Kompetenzverluste und geben Macht nicht freiwillig ab. Auch hat eine Budgetierung nach Küppers erst richtig Sinn, wenn auch die Verantwortung für den „großen Batzen“Personal dezentralisiert wird.

So wie in Köln – oder Nürnberg. Dort sind die ReformerInnen sehr weit gegangen und zugleich konservativ geblieben. „Die Erfahrungen mit privatisierten Verkehrsbetrieben sind schlecht“, richtet Michael Popp, der Leiter des Amtes für Kultur und Freizeit der 500.000-EinwohnerInnen-Stadt: Da gebe es hohe Gehälter, recht große Defizite und kaum noch Steuerungsmöglichkeiten. „Nur“eine Budgetierung war die Folge in anderen Bereichen. Darunter auch Popps Dienststelle, die mit ihrem Elf-Millionen-Mark-Etat, 50 MitarbeiterInnen in 15 Einrichtungen der Soziokultur zuzurechnen ist.

Popps Amt für Kultur und Freizeit muß jedes Jahr eine Kürzung von 200.000 Mark verkraften. „Seit 1994 haben wir 15 Prozent unseres Budgets verloren – ohne Leistungseinbußen.“Im Gegenteil: Im ersten Jahr wurde sogar eine Rücklage von einer Million Mark gebildet, auf die der Stadtkämmerer jetzt gierig schielt. Das Rezept: ein viel ökonomischeres Wirtschaften. Zudem wurden Stellen gestrichen – zweieinhalb. „Ohne Reform wären es zehn gewesen.“Im Gegensatz zu den meisten anderen Kommunen haben die NürnbergerInnen das Querschnittsressort Personalamt teilentmachtet. Die Leitung des Kulturamts entscheidet vollständig selbst, wofür es Geld ausgeben will und wofür nicht. Popps Fazit: „Es ist auch in einer öffentlichen Verwaltung möglich, effizient zu arbeiten.“

In Osnabrück werden jetzt erste Erfahrungen mit einer Art Kultur GmbH gemacht. Die Stadt, die sich als erste deutsche Kommune einen Kulturentwicklungsplan verordnete und jetzt als (westfälische) „Friedensstadt“groß auftrumpfen möchte, leistet sich seit Januar ein Museum für Industriekultur. Das heißt: Die Sparkasse und andere Unternehmen investieren und die Stadt zahlt die Betriebskosten der gemeinnützigen GmbH. Doch auch in Osnabrück sieht man das Kontrollproblem: „Ratsmitglieder wechseln ihren Anzug, wenn sie zur Aufsichtsratssitzung gehen“, witzelt Kulturderzernent Reinhard Sliwka. Andere Museen würde er jedenfalls nicht privatisieren.

In Osnabrück verwaltet weiterhin ein Amt für Kultur und Museen den 31,3-Millionen-Mark-Etat für Kunst, Theater, das „Media Art Festival“oder die Soziokultur. Budgetierung heißt das Zauberwort, nach dem die Angestellten und Beamten die gekürzten Mittel selbständig aufteilen und diese Haushaltsplanung dem Kulturausschuß „nur noch“zur Kenntnis vorlegen.

Doch egal wie und wo die Kulturförderung reformiert wird: Jeder Beteiligte betont, daß Veränderung nur mit den Beschäftigten möglich ist. „Man muß sie mitnehmen“, sagt Küppers. Davon kann in Bremen offenbar kaum eine Rede sein. Dem Vernehmen nach wird behördenintern nur von „Menschenhandel“gesprochen. So werden Chancen verpaßt und wird Mißtrauen erzeugt. Dabei haben viele KulturproduzentInnen längst Gefallen und Interesse an einer echten Reform gefunden. ck