„Wir sind ein Dorn im Fleisch“

■ Flüchtlingsorganisation fordert Abschiebestopp nach Togo bis zum Sommer

Keine Einzelfälle sind die zwei minderjährigen togoischen Brüder Ibrahim und Abbas A., die immer wieder die Abschiebung in die Diktatur in ihrem Heimatland befürchten müssen. Die Bremische Bürgerschaft lehnte am Donnerstag einen Abschiebestopp für minderjährige Flüchtlinge ab. „Assoretobre“ist die Vereinigung togoischer Flüchtlinge in Bremen. Die taz sprach mit dem Vorsitzenden Charles Eggley und dessen Mitarbeitern Leguede Kokouvi und Alikissankpe Traore über die Situation togoischer Flüchtlinge in Bremen.

taz: Die minderjährigen Brüder Ibrahim und Abbas haben gerade für einen weiteren Monat eine Duldung bekommmen. Ist das der richtige Weg, mit dem Problem der togoischen Flüchtlinge umzugehen?

Eggley: Das ist keine gute Politik, sondern Salamitaktik. Es geht hier nicht um einen Monat. Wir brauchen einen Abschiebestopp mindestens bis zu den Wahlen in Togo im August. Wenn wir uns von hier aus für bessere Wahlbedingungen einsetzen, dann wollen wir damit unsere Rückkehrbedingungen verbessern.

Am 8. Januar wurde Issah M. von Bremen nach Togo abgeschoben. Wissen Sie etwas über seinen Verbleib in Togo?

Eggley: Er ist in Togo festgenommen worden und wieder freigelassen worden. Seitdem gibt es keine Nachrichten von ihm. Wir wissen nicht, ob er noch lebt.

Warum gibt es Assoretobre?

Eggley: Assoretobre hat sich 1993 gegründet aus der ganz alltäglichen Misere, die wir auf dem Wohnschiff Embrica Marcel erlebt haben. Wir machen sowohl kulturelle wie auch politische Aktivitäten und treffen uns einmal in der Woche. Inzwischen haben wir mehrere Oppositionspolitiker und Menschenrechtler aus Togo nach Bremen eingeladen, damit sie über die Situation in unserem Land berichten. Außerdem gibt es eine Tanzgruppe.

Was ist das besondere an Assoretobre?

Kokouvi: In Bremen sind die togoischen Flüchtlinge aktiver als in anderen Bundesländern. Das bringt auch Probleme. Eine Kommission von Eyadema ist im Januar nach Hamburg gekommen, um gegen uns aktive Flüchtlinge in Bremen zu agitieren. Das zeigt wie ernst die Lage ist: die Regierung muß unsere Aktivitäten als Bedrohung empfinden, wenn sie eine Kommission nach Hamburg schickt, um uns schlecht zu machen.

Was war das genau für eine Kommission?

Kokouvi: Im „Offenen Kanal“in Hamburg wurde ein Interview mit dem togoischen Außenminister, dem togoische Botschafter in Bonn und einem Ex-Premierminister ausgestrahlt. Wir Flüchtlinge wurden als Kriminelle hingestellt, die schleunigst abgeschoben werden sollten.

Traore: Wir haben am eigenen Leib erlebt, wie die Situation dort aussieht, deshalb sind wir hier. Wir sind für Eyadema ein Dorn im Fleisch, weil er weiß, daß durch unsere Arbeit Informationen weitergegeben werden, die gegen ihn sprechen. Deshalb möchte er Druck auf uns ausüben.

Ist es gefährlicher für Sie, zurückzugehen, seitdem Sie sich hier organisieren?

Eggley: Unsere Namen sind bekannt geworden, als wir den Oppositionellen Agboyibor eingeladen hatten. Von der togoischen Botschaft war damals jemand auf der Pressekonferenz, der sich unsere Namen aufgeschrieben hat. In der „Togo-Press“wurden Mitgliedskarten von Assoretobre abgedruckt, auch im Fernsehen wurden sie gezeigt.

Ist es für Innensenator Borttscheller aus Ihrer Sicht rechtlich möglich, einen Abschiebestopp zu verhängen?

Kokouvi: Selbstverständlich kann er das machen. Aber auch über die Position der SPD in der Bürgerschaft haben wir uns sehr gewundert. Daß die Abgeordnete Barbara Wulf die Idee eines Abschiebestopps für Togo als „Witz“bezeichnet hatte, zeigt, daß die SPD die Situation der Flüchtlinge nicht ernst nimmt.

Fragen: Christoph Dowe