Kolumbien ist kein Paria mehr

■ Nach zwei Jahren bescheinigen die USA Kolumbien wieder, bei der Drogenbekämpfung ausreichend kooperationsbereit zu sein

Berlin (taz) – Nach zwei Jahren Ächtung hat US-Präsident Clinton Kolumbien wieder von der Liste jener Nationen gestrichen, die bei der Drogenbekämpfung unzureichend kooperieren, und die Sanktionen gegen das Land wiederaufgehoben. Mit dem Erteilen der sogenannte „Certification“ ist das Pariadasein des Andenstaates knapp vor dem Ende der Amtszeit von Präsident Ernesto Samper beendet.

Mit vereinten Kräften hatte Kolumbien in den letzten Wochen in Washington versucht, die Erfolge bei der Verfolgung der Drogendealer und die chemischen Feldzüge gegen illegale Kulturen ins beste Licht zu rücken. Oberst Leonardo Gallego, der Chef der Drogenpolizei, war mit einem dicken Dossier angerückt. Andres Pastrana, Präsidentschaftskandidat der Konservativen, der vor vier Jahren knapp gegen Ernesto Samper verloren hatte, trat in einem Brief an den Kongreß für das Ende der Sanktionen ein. Und die Wirtschaft, von der Kaffeevereinigung über die Blumenzüchter bis zu den Bierbrauern, malten die verheerenden Folgen einer neuerlichen ächtung für das freie Unternehmertum in den schillerndsten Farben.

Trotzdem waren viele skeptisch. Der Kongreß in Bogotá hat zwar letztes Jahr dem Druck der USA nachgegeben und das Verbot der Auslieferung von Staatsbürgern aufgehoben, doch gilt die Reform nicht rückwirkend. Die Chefs des Kartells von Cali, die in Kolumbien zu relativ milden Strafen verurteilt wurden, werden nicht ausgeliefert.

Für die meisten Kolumbianer ist es unerhört, daß der größte Kokainkonsument der Welt über den größten Kokainexporteur richtet. Dennoch wurde der „bedingte Freispruch“ gefeiert wie ein Sieg der Fußballnationalmannschaft. Planungsministerin Cecilia Lopez Montaño gab sich hoch zufrieden, „obwohl wir den Mechanismus der Certification ablehnen. Kolumbien wird von einem Pariastaat zum Problemstaat, der die Besorgnis der Völkergemeinschaft auf sich zieht.“

Für Finanzminister Antonio Urdinola ist entscheidend, daß Kolumbien jetzt wieder Zugang zu Krediten internationaler Finanzinstitutionen bekommen wird. Die Decertification hatte die US-Regierung verpflichtet, in allen derartigen Organisationen gegen Kolumbien zu stimmen. Ralf Leonhard