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■ QuerspalteTote Hose

Campino, Sänger der Toten Hosen, hat am Donnerstag abend einen weiteren letzten Schritt hin zum Roberto Blanco des Bierdosen-Punks getan: Schön zu sehen, wie aus Johannes B. Kerner, Bärbel Schäfer, Michail Gorbatschow samt Frau und Campino ein Knäuel wurde, wie alles eins wurde.

Campino hatte sich extra ein Ramones-Fan-Hemd angezogen und die Haare schön unordentlich gelegt und nachgefärbt, damit alle aufschrecken. Bürgerschreck, laß nach. Gorbatschow weiß, wie man dämliche Formalrevoluzzer kleinhält, er nennt Campino einfach „unseren jungen Freund“. Unserem jungen Freund ist das nicht unlieb, dem Punk und Gratis-Blasphemiker ist es „1.000mal lieber, Herrn Goratschow die Hand zu schütteln als dem Papst“. Heyhey! Aber der Papst war auch gar nicht da.

Dafür das neue Video der Toten Hosen mit aufwühlenden Bildern von friedlichen Demonstranten, die niedergeknüppelt werden, überall auf der Welt. Da würde er ja nun gerne hören, wie sensibel sie hier ein ganz schön heikles Thema aufbereitet haben. Aber statt dessen kuscheln Kerner („ein sehr schöner Titel“) und auch Gorbatschow („Ich begrüße das“).

Unverzagt plaudert Campino weiter, die Sprache sei den Toten Hosen egal. (Hat daran eigentlich jemand gezweifelt?) „Wir wollen verstanden werden“, sagt Campino. Na gut, wie war das gemeint mit den 10 kleinen Jägermeistern, so rein sprachwissenschaftlich? War das gegen Nazis?

Bärbel Schäfer ist derweil gegen die Nordsee, da mußte sie als Kind immer urlauben. „Ich immer Borkum“, sagt Johannes B. Kerner. Das versteht jetzt auch das Saalpublikum wieder, daß angesichts langwierigster Anekdoten von Raissa Gorbatschow etwas schläfrig geworden war. Dabei war das hochgradig amüsant, wie ihr Russisch von einem offenbar ostdeutschen (klar!) Dolmetscher in den Sand übersetzt wurde. „Ich hab euch vorher gesagt, ihr geht hier lachend raus!“, frohlockt Lachsack Johannes Borkum Kerner erleichtert. Und so war es. Benjamin v. Stuckrad-Barre

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