Zuhälter mit Kamera und Mikrofon

■ Rudolf D. soll Frauen zur Prostitution gezwungen haben

Die Träume der Frauen platzen in einer Hamburger „Modell-Wohnung“: Junge Frauen, gerade aus den osteuropäischen Ländern, werden mit falschen Versprechen nach Hamburg gelockt. Rudolf Ferdinand Kurt D. soll mit der Zusage, einen Job als Kindermädchen zu vermitteln, Frauen aus Litauen nach Hamburg geholt und zur Prostitution gezwungen haben. Das wirft ihm die Staatsanwaltschaft am Landgericht in einem Prozeß vor, der gestern eröffnet wurde.

Sechs Fälle umfaßt die Anklage. Zwischen Mai und September vergangenen Jahres soll Rudolf D. die Frauen mißhandelt haben. Er habe sie zur Prostitution gezwungen, erklärte gestern die Staatsanwaltschaft. Dabei habe er die Frauen mit Videokameras und Abhörmikrofonen in den Wohnungen überwacht, in denen sie rund um die Uhr Freier bedienen mußten. Rudolf D. habe „List und Gewalt“angewandt, die hilflose Lage der Frauen ausgenutzt, die ihm in einem fremden Land mit einer fremden Sprache ausgeliefert waren.

Den Frauen selbst sei kaum etwas von ihren Erlösen aus der Prostitution geblieben. Pro Tag habe der Zuhälter 50 Mark für die Miete der Wohnungen kassiert. Die Staatsanwaltschaft kennt die Adressen von zwei dieser „Modellwohnungen“.

Jede Woche hätten die Frauen zudem 300 Mark für Zeitungsinserate zahlen müssen. Auch die Hälfte ihres Arbeitserlöses mußten sie ihrem Zuhälter geben. Von einer Frau ist bekannt, daß sie ihm noch 3000 Mark für ihre Reisekosten ersetzen mußte. Insgesamt kassierte Rudolf D. von ihr rund 25.000 Mark. Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen. „Erst mal“, kündigte sein Rechtsanwalt an. Der Prozeß wird fortgesetzt.

Elke Spanner