Lebenswichtige Fabrikzellen

■ Neue Krebstherapie kommt ohne Transplantation von Knochenmark aus. Symposium in der Uniklinik Eppendorf

KrebspatientInnen haben häufig damit zu kämpfen, daß die Chemotherapie nicht nur die Tumorzellen, sondern auch das Immunsystem angreift. Die Folge: Im Anschluß an die Behandlung mit den aggressiven Zellgiften sind die Krebskranken extrem anfällig gegenüber Viren und Bakterien. Mit einer neuen Therapie – der sogenannten Blutstammzell-Transplantation – soll dieser Gefahr begegnet werden. Die PatientInnen erhalten eine Transfusion aus Eigenblut, die die Abwehrreaktionen stärkt.

Mit dem noch relativ neuen Verfahren der Blutstammzell-Transplantation lassen sich Erkrankungen wie Leukämie, Brust- oder Hodenkrebs wirksam bekämpfen, weil die eingesetzte Zellgiftdosis erhöht werden kann. Die moderne Technik löst zunehmend die Knochenmarks-Transplantation ab.

Bislang wurden die überlebenswichtigen Blutinhaltsstoffe aus dem Mark des Beckenknochens entnommen, das unter Vollnarkose abgesaugt werden mußte. Allein im Universitäts-Krankenhaus Eppendorf (UKE) haben sich im vorigen Jahr 68 PatientInnen einer solchen Transplantation unterzogen, bundesweit waren es 3000. Die Kosten liegen bei etwas über 100.000 Mark pro Übertragung.

„Es handelt sich quasi um die Fabrikzellen des Blutes, die wir in einem komplizierten technischen Verfahren aus dem Spenderblut isolieren“, erklärt Kai Gutenbohm von der Abteilung für Transfusionsmedizin des UKE. Aus diesen Mutterzellen entwickeln sich durch Reifung alle anderen Zellen des Blutes, wie zum Beispiel die roten und weißen Blutkörperchen.

Der entscheidende Teil seiner Blutspende wird dem stark chemotherapierten Kranken wieder zugeführt. „Das birgt die Möglichkeit, den Tumor ohne Rücksicht auf eine Schädigung des Knochenmarks mit einer um das Zehnfache erhöhten Hochdosistherapie zu bekämpfen“, ergänzt Axel Zander, Leiter der UKE-Einrichtung für Knochenmarkstransplantation.

Die entscheidende Frage, welchen Erfolg die Hochdosistherapie beim Mammakarzinom (Brustkrebs) verspricht, ist freilich noch nicht beantwortet. Die entscheidenden internationalen Studien laufen noch, mit einem Ergebnis ist frühestens in zwei Jahren zu rechnen. Beim Lymphknotenkrebs zeigen sich allerdings bereits positive Ergebnisse.

Vom morgigen Donnerstag bis zum Sonnabend findet in der Uniklinik zu diesem Thema ein Symposium statt, zu dem 250 TeilnehmerInnen erwartet werden.

Lisa Schönemann