PDS legt Stasi-Bericht vor

■ Parlamentsfraktion der PDS führte Überprüfung in Eigenregie durch. Zehn bereits überprüfte Abgeordnete verweigerten sich. Alle Parteien und Parlamentspräsident kritisieren Sonderweg

Die PDS-Fraktion hat gestern die Ergebnisse ihrer in Eigenregie durchgeführten Stasi-Überprüfung der PDS-Abgeordneten vorgelegt. Der zehnseitige Bericht enthält neue Details zu bereits bekannten Stasi-Verstrickungen, aber keine neuen Fälle.

Danach liegen bei 24 der 34 PDS-Parlamentarier keine Erkenntnisse über eine Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit vor. Bei sechs Abgeordneten, die überwiegend keine DDR-Bürger waren, liegt noch kein Ergebnis der Gauck-Behörde vor. Von vier Abgeordneten war eine Stasi-Belastung bereits in der vergangenen Legislaturperiode bekannt.

Die Selbstüberprüfung der PDS, die von dem angesehenen Rechtshistoriker Uwe Wesel begleitet wurde, stieß gestern bei allen im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien auf Kritik. Die grüne Abgeordnete Sybill Klotz wies die Vorwürfe der PDS zurück, wonach die zweistufige parlamentarische Stasi-Überprüfung – der geheim tagende Ehrenrat und der Untersuchungsausschuß für komplizierte Fälle – politisch instrumentalisiert worden sei. Klotz, die dem Ehrenrat in der vergangenen Legislaturperiode angehört hatte, bezeichnete dies als „vorgeschobenes Argument“. Auch Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) und der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Hans-Peter Seitz, verwahrten sich gegen die Abqualifizierung des Ehrenrats. Seitz sprach von „parlamentsfeindlichem Verhalten“ der PDS. Eine Selbstüberprüfung sei nicht hinnehmbar. Ein gemeinsamer Gesetzentwurf von CDU und SPD zur zwangsweisen Stasi-Überprüfung läge dem Rechtsausschuß bereits vor.

Zur Stasi-Überprüfung in Eigenregie hatte sich die PDS im März 1996 entschlossen. Die von der Fraktion beantragte Überprüfung der PDS-Abgeordneten wurde von der Gauck-Behörde allerdings aus formalen Gründen abgelehnt. Dies könne nur der Parlamentspräsident, nicht aber eine Fraktion beantragen, so die Begründung. Daher mußte sich die Fraktion damit behelfen, daß Abgeordnete persönliche Anträge bei der Gauck-Behörde einreichten. Dieses Vorgehen schränkt allerdings die Aussagefähigkeit der Untersuchung ein, da damit nur die Opferakten, nicht aber die Täterakten zugänglich sind. Falls eine Täterakte vorliegt, wird dies jedoch mitgeteilt. Zehn PDS-Parlamentarier weigerten sich, eine Anfrage an die Gauck-Behörde zu stellen, weil sie zum Teil schon mehrmals überprüft worden seien.

Andere, wie der heute 25jährige Stefan Liebich, legten eine Anwerbung als Minderjähriger offen, die nach dem Stasi-Unterlagengesetz gar nicht der Mitteilungspflicht unterliegt. Liebich wurde als 13jähriger von MfS-Mitarbeitern an der Schule für eine zukünftige Tätigkeit bei der Stasi angeworben. Dazu kam es nicht mehr. Das Bewerberverhältnis wurde Anfang 1990 aufgelöst.

Was die Stasi-Kontakte der Abgeordneten Dagmar Pohle und Wolfgang Girnus betrifft, sahen sich die PDS-Fraktionsvorsitzenden Carola Freundl und Harald Wolf in der Einschätzung bestätigt, daß eine Niederlegung ihrer Mandate nicht geboten sei. Dies hatte der Ehrenrat beiden Abgeordneten 1992 nahegelegt. Nach Darstellung der PDS hatte Dagmar Pohle 1981 als Wohnbezirksausschußvorsitzende den Mißstand einer leerstehenden Wohnung angeprangert. Zufällig handelte es sich um eine konspirative Wohnung der Stasi. Pohle wurde daraufhin von der Stasi kontaktiert und für die Absicherung der konspirativen Wohnung gewonnen. Ihre Zusammenarbeit mit dem MfS habe aber keine vier Monate gedauert. Darüber hinaus soll sie sich gegenüber der Stasi auch über eine andere Mieterin geäußert haben.

Girnus war laut PDS von 1976 bis 1983 im Bereich der Auslandsspionage tätig. Das MfS habe die Kontakte aber eingestellt, weil Girnus sich als untauglich erwiesen habe. Girnus habe keine Personen im Inland bespitzelt. Dorothee Winden