Barschborsten, interessant!

■ „Glückliche Tage“etwas unglücklich im Theater im Zimmer

Beckett kann man mögen oder auch nicht. Man kann ihn bewundern oder verachten. Nur eins geht auf keinen Fall: die Stücke einfach zu genießen – dazu sind seine Figuren zu nervtötend.

Glückliche Tage, das im Rahmen des Beckett-Programms zum 50jährigen Jubiläum des Theaters im Zimmer Premiere hatte, kann als Paradebeispiel dienen. Bis zu den Hüften steht Winnie (Gerda Gmelin) im Grab – und trotzdem ist sie glücklich. Blind ihrer Situation gegenüber, freut sie sich über die kleinen Gnaden des Lebens. Beispielsweise über das tägliche Anwachsen ihres Wissens: Barschborsten hat ihre Zahnbürste, interessant! Auf Körperpflege achtend plappert Winnie optimistisch über das, was ihr gerade in den Sinn kommt. Ihr Mann Willie (Karl Ulrich Meves), der immer nur hinter ihrem Rücken herumkriecht, antwortet selten – was die Absurdität noch verstärkt. Als er schließlich in feierlicher Abendgarderobe vor ihr zusammenbricht, ist Winnie schon bis zum Hals in den Grabhügel gesunken und nimmt ihn kaum noch wahr: „Oh, dies wird wieder ein glücklicher Tag gewesen sein!“

Das Gebrabbel der Greisin ist kaum zu ertragen – und so soll es ja auch sein. Gerda Gmelin verkörpert Winnie ausdrucksstark, mit reifer Glaubwürdigkeit. Zum dritten Mal spielt sie die Rolle, und wie 1968 und 1981 führte Christoph Roethel die Regie. Bedächtiger seien sie beide in den 30 Jahren geworden, räsoniert er über ihre persönliche Entwicklung, die in der neuen Inszenierung sichtbar werde. Mehr Tiefe habe sie im Vergleich zu der ersten, eher jungen und wilden Aufführung bekommen.

So wird es wohl nicht gelingen, ein jüngeres Publikum anzuziehen. Denn ob das Publikum Zugang zum Stück findet, ist zumindest in dieser Inszenierung auch eine Generationsfrage. Dabei ist das Thema – ein Mensch, der seine Lage nicht erkennt, sie nicht erkennen kann – ein interessantes. Überdeutlich wird es hier einzig und allein auf das Altern bezogen und scheint damit in einer gewissen Ferne zu liegen. Daß alte Leute manchmal etwas wunderlich werden, ist ja nichts Neues. Zu selbstkritischen Reflexionen regt das nicht an.

„Die Zuschauer winden und krümmen sich (...), erfinden und drucken jede nur erdenkliche Beschwerde und murren – all das ist nichts weiter als ein Mechanismus, die unbequeme Wahrheit fernzuhalten“, schrieb der englische Regisseur Peter Brook über Becketts Stücke. Das kann schon sein – doch bezieht man die Wahrheit nicht auf die eigene Person, so krümmt man sich eher vor Langeweile.

Sabine Claus

täglich bis So, 8. März, 20 Uhr