Bezirkseigenen Feuerstellen fehlt die Kohle

■ In stadtnahen Einrichtungen können sich Kinder vom Großstadtalltag erholen. Doch den Bezirken fehlen die Fördergelder. Und für die Finanzverwaltung sind die Grundstücke eine lukrative Geldquelle

„Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß wir Anmeldungen für die Stadtranderholung nur unter Vorbehalt entgegennehmen können“, heißt es gleich im Anmeldebogen der Weddinger Ferieninformationen. Grund: „die besondere finanzielle Situation des Landes Berlin“. Nicht nur im Wedding steigt die Zahl der Eltern, die ihre Kinder für die Sommerferien anmelden wollen. „Die Eltern rennen uns förmlich die Bude ein“, berichtet Ulrike Herpich-Behrens, bündnisgrüne Jugendstadträtin in Schöneberg.

Die zwei- beziehungsweise dreiwöchige Stadtranderholung „Kinder in Luft und Sonne“ hat in West-Berlin Tradition. Bereits seit den 50er Jahren können Drei- bis Neunjährige aus den innerstädtischen Bezirken von Montag bis Freitag unter Aufsicht Ferien machen: auf am Stadtrand gelegenen Freizeit- und Erholungsgeländen des Landes, die von den Bezirken verwaltet und mit eigenen Spielgeräten, Feuerstellen oder kleinen Häusern genutzt werden.

Tagsüber nehmen die Kinder an organisierten Programmen und Aktionen teil, abends werden sie dann wieder in ihren Kiez zurückgebracht. Die Weddinger zum Beispiel fahren zur Stadtranderholung nach Krähenheide in Konradshöhe, die Neuköllner sind unterwegs in Kladow, und das Tempelhofer Bezirksamt hat ein eigenes Sommerhaus in Marienfelde. Für die Stadtranderholung wird es in zwei Durchgängen mit jeweils 110 TeilnehmerInnen zweimal im Jahr neben anderen Programmen genutzt.

„Es gibt immer mehr Eltern, die nicht verreisen können und ihren Kindern trotzdem etwas bieten wollen“, begründet Dietrich Schippel (CDU), Jugendstadtrat in Tempelhof, das allgemein gestiegene Interesse an „Kinder in Luft und Sonne“. Vor Einsparungen und Einschränkungen sind die Bezirksämter dennoch nicht gefeit: „Unsere Programme sind stets betroffen, wenn gekürzt wird“, bedauert Laurence Affolter vom Jugendamt Wedding, wo bereits 1989 die Hälfte der Kinder- und Jugenderholung gestrichen worden ist.

Auf der Havelinsel Schwanenwerder ist das Neuköllner Sommerprogramm wegen bezirklicher Sparmaßnahmen 1995 komplett eingestellt worden. Nur Tempelhof, Steglitz und Schöneberg führen dort jetzt noch ihre Stadtranderholung durch. Doch auch die Schöneberger müssen demnächst andere Reisepläne schmieden: Das Land hat das vom Bezirk genutzte Filetstück auf der Insel verkauft. Nach zähen Verhandlungen wurde den Schönebergern ein Ersatzgelände am Teufelssee zugesagt. Die dortige Einrichtung muß aber zuerst noch saniert werden.

„Jedes Jahr eine Hängepartie“ sei die Planung für die Kinder- und Jugenderholungsprogramme wegen der angespannten Lage im Haushalt, seufzt Ulrike Herpich- Behrens. Um die Kinderfreizeiten zu erhalten, mußte sie bei Ferienprogrammen für Jugendliche kürzen. „Die Stadtranderholung ist Kernstück unserer Programme“, betont die Stadträtin, „denn hier können wir mit geringen Mitteln vieles bieten.“ Kerstin Marx