Großbank emanzipiert sich

Nach der Bankenfusion hat der Senat weniger Macht über die halbstaatliche Bankgesellschaft Berlin. Die CDU-Riege um Klaus-Rüdiger Landowsky jedoch wird stärker  ■ Von Hannes Koch

In seltener Einigkeit begrüßen PolitikerInnen von SPD, CDU und Bündnisgrünen die am Mittwoch vereinbarte Fusion der Bankgesellschaft Berlin mit der Norddeutschen Landesbank in Hannover. Hermann Borghorst etwa, Fraktionsvize der SPD, sieht in dem Zusammenschluß „eine Stärkung des Bankenplatzes Berlin“. Doch die Gründung des viertgrößten Geldinstituts der Republik mit einer Bilanzsumme von 621 Milliarden Mark (1997) dürfte nicht nur positive Auswirkungen haben.

Eindeutige Profiteurin des Megadeals ist Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Sie nimmt kurzfristig 1,5 Milliarden Mark, mittelfristig wahrscheinlich über zwei Milliarden ein. Die finanzielle Spritze in den sanierungsbedürftigen Landeshaushalt erkauft der Senat freilich mit einer Reduzierung seines politischen Einflusses auf die Geschäfte der Großbank. Während das Land Berlin gegenwärtig noch 56,8 Prozent der Bankgesellschaftsaktien besitzt, werden ihm ab 1. Januar 1999 nur noch rund 35 Prozent Anteile am neuen Bankhaus gehören. Dementsprechend sinkt die Berliner Stimmenzahl im Aufsichtsrat, der die Geschäfte kontrolliert.

Insofern erscheint fraglich, ob die Landespolitik den Geldriesen zu einer stärkeren „Struktur- und Beschäftigungspolitik“ in der Hauptstadt drängen kann, wie es Borghorst erhofft. Im Interesse der Bank kann es nicht liegen, schwache Betriebe zu stützen, die der Senat wegen der Arbeitsplätze am Leben erhalten möchte. Und warum sollten die neuen Eigentümer, unter anderem Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, mit Millionenbeträgen die kränkelnde Berliner Wirtschaft unterstützen? Zwar bleibt das Bankhaus auch in Zukunft mehrheitlich in staatlicher Hand, doch von ihren bisherigen Eigentümern können sich die Vorstände durch die Fusion zunehmend emanzipieren.

Über einen Umweg und in Teilbereichen dagegen dürfte die Macht der Berliner Politik zunehmen. Denn gemäß der im Sommer 1997 vereinbarten Aufteilung der Geschäftsfelder sollen unter anderem das gemeinsame Investmentbanking, das Firmenkunden- und Immobiliengeschäft in Berlin residieren, was die Position von CDU- Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky stärkt. Der nämlich amtiert als Vorstand der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank, die im Konzern Bankgesellschaft sämtliche Immobiliengeschäfte managt.

Jetzt schon ist die Hypobanktochter IBG nach eigenen Angaben bundesdeutscher Marktführer bei geschlossenen Immobilienfonds. In Berlin und seinem Umland finanziert oder entwickelt sie viele Großprojekte wie etwa die Rummelsburger Bucht oder die Wasserstadt Oberhavel. Mit der größeren Kapitalkraft einer Großbank im Rücken, kann Landowsky im Sinne der CDU-Spitze zusätzliche Großprojekte an Land ziehen und damit vermehrten Einfluß auf die Stadtgestaltung nehmen.

Was die Fusion für die insgesamt 23.400 Beschäftigten bedeutet, ist noch nicht geklärt. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) schätzt, daß normalerweise mindestens zehn Prozent des Personals durch eine Konzentration überflüssig werden. Zentrale Verwaltung und Datenverarbeitung braucht man dann nur noch einmal. Zu vermuten ist deshalb, daß bei der Bankgesellschaft mehr Stellen vernichtet werden, als die ohnehin schon zum Abbau vorgesehenen 1.700. Trotzdem könnte sich die fusionsbedingte Reduzierung in engen Grenzen halten, denn NordLB und Bankgesellschaft betreiben heute kein paralleles Filialnetz, bei dessen Schrumpfung von zwei gegenüberliegenden Geschäftsstellen jeweils eine geschlossen würde. In den Geschäftsfeldern, die man in Berlin konzentriert, wird es sogar zu einem Zuwachs von hochqualifizierten Jobs kommen, wenngleich auch einige nach Hannover abwandern. Ob die Fusion den beiden Banken selbst zum Vorteil gereichen wird, bezweifelt nicht nur das Handelsblatt. Fachleute weisen darauf hin, daß die Bankgesellschaft noch nicht einmal ihre eigene Gründung aus drei unabhängigen Instituten vor vier Jahren verkraftet habe. Die Umstrukturierung verzehre noch immer Millionen. Milliardenverluste durch faule Kredite und jetzt die Kosten der Fusion in Höhe von 2,8 Milliarden Mark kommen hinzu. Die teuren Eskapaden könnten notwendige Investitionen erschweren. Die Bankvorstände stellen dem jedoch gegenüber, daß die Großbank auch in der Lage sei, größere Projekte zu finanzieren und mehr Geld zu verdienen.