Halbmond zwischen Gurkenfeldern

Das Romantik-Hotel zur Bleiche im Spreewald bietet ein ausgefeiltes Badehaus mit Saunen und Hamam. Regeneration für Körper und Sinne. Eine gelungene Inszenierung bis ins kleinste Detail  ■ Von Edith Kresta

Der riesige Salon mit der hohen Kuppel strahlt Stille und schlichte Großzügigkeit aus. Rustikale Gemütlichkeit mit Terrakottaboden, verstreuten Sitzgruppen. Sphärische Musik durchzieht gedämpft den Raum. Eine Frau schläft im Bademantel auf dem weißen Sofa vor dem brennenden offenen Kamin. Eine andere liest. „So habe ich mir das vorgestellt“, sagt Michael Clausing und weist auf die schlafende Frau. „Entspannung pur in allen unseren Räumen.“

Michael Clausing ist der Besitzer des Romantik-Hotels zur Bleiche, ungefähr 120 Kilometer von Berlin entfernt in Burg im Spreewald gelegen. Der Spreewald, das bedeutet vor allem Wasser. Hier fließt die Hauptspree durch und ihre zahllosen Seitenarme, Fließe und Kanäle. Wasser, das ist auch die touristische Attraktion des Romantik-Hotels zur Bleiche. Im 2.000 Quadratmeter großen Badehaus kann der Gast dort im Preis inbegriffen regenerieren. Saunen, Dampfbad, Luftsprudelbecken, Schwimmbad, türkisches Hamam und Fitneßraum stehen ihm dafür zur Verfügung. Auf den heißen Steinbänken des 40 Grad warmen Hamam läßt sich unter der türkis- blau verputzten Kuppel bestens abschalten. Eine orientalische Lampe wirft Sternenmuster an die Wand. Da entrückt selbst der Spreewald dem Bewußtsein. Das Bad ist den türkischen Originalen getreu nachgebaut. Ein Stück Halbmond zwischen Gurkenfeldern, ganz der eigenen Körperlichkeit geschuldet. Gegen Gebühr soll bald auch das im Hamam übliche Waschritual angeboten werden, doch bislang war trotz Anzeigen kein hamamgeübter Masseur zu finden. Für das körperliche Wohl gibt es außerdem Massagen, Kosmetik, Wannenbäder und Güsse. Der gestreßte Großstädter kann sich beispielsweise mit einem Salz-Honig-Peeling die beanspruchte Haut glätten lassen.

Daß der Honig orginal Spreewälder ist, versteht sich von selbst. Denn Michael und Christine Clausing haben einen Blick fürs Detail. Von den Menüangeboten, die auf regionalen Spezialitäten aufbauen, bis hin zu Architektur und Einrichtung. Überall stößt der Gast auf kleine, geschmackvoll ausgesuchte Besonderheiten, Antiquitäten, ausgefeilte Stilelemente. Daß das Hauptgebäude des Hotels eigentlich ein schlichter DDR-Plattenbau ist, wird bestens kaschiert. Bauschige Sofas, farblich abgestimmte Tapeten und Fußböden schaffen elegante Landhausatmosphäre. Die Fischerstube, eines der drei Restaurants des Hotels, wurde vom Fußboden bis zum Türrahmen mit alten Materialien neu aufgebaut. Und natürlich ist der riesige offene Kamine in der Schwimmhalle ein Originalstück aus Frankreich. Wer in dem 30 Grad warmen Schwimmbecken planscht, kann sich zusätzlich vom warmen Schein des lodernden Feuers einlullen lassen. „Wasser und Feuer, das hat was“, weiß Michael Clausing.

Er hat sein Entspannungsangebot bis zum I-Tüpfelchen ausgetüftelt. Fünf Jahre ging er mit der Idee einer Landtherme schwanger. „So ein Projekt ist wie ein eigenes Kind, in das man viel Liebe steckt“, weiß er. Der Hotelier-Sohn aus Garmisch-Partenkirchen hat die höheren Weihen der Hotellerie von klein auf eingeübt und durch seine Ausbildung in der Schweiz und Frankreich verfeinert. Ein Hotelprofi, der weiß, daß saisonale Geschäftseinbrüche nur durch qualitative Zusatzangebote aufzuhalten sind. Für die Gestaltung seines Romantik-Hotels mit Landtherme hat Michael Clausing in romantischer und japanischer Lebensanschauung geplündert. Mit dem alten Goethe ist er sich einig, daß romantisch sei, „was in der Gegenwart lebt und lebendig auf den Augenblick wirkt“. Das ergänzt er mit Wabi-Sabi, einem Schönheitsideal, das aus dem japanischen Teehausritual kommt. Auch bei Wabi-Sabi geht es um die Naturbelassenheit der Materialien, um Zwischentöne statt Perfektion, Wärme statt Coolness. Mit Kuschelecken wurde deshalb nicht gespart, und die vielen Rehgeweihe an den Wänden dienen als hervorragende Kleiderhaken. Das Detail lebt.

So nachhaltig, daß die alten Möbel und verspielten Vorhänge in den Tagungsräumen selbst die Inhalte der Veranstaltungen beeinflussen sollen. „Verkaufsveranstaltungen lassen sich hier nicht erfolgreich durchführen“, gesteht Michael Clausing. Die Gedanken sind eben frei, und der Blick schweift möglicherweise hinaus auf die ländliche Idylle oder die einladenden Korbsessel im Garten. Die läßt Michael Clausing auch bei schlechtem Wetter draußen stehen. „Damit der Gast sich auch zur schlechten Jahreszeit vorstellen kann, wie angenehm es sich hier im Sommer sitzen läßt.“ Clausing führt eben Regie bis ins kleinste Detail: eine gelungene Inszenierung.

Romantik-Hotel zur Bleiche, Bleichstraße 16, 03096 Burg, Tel: (035603) 620, Fax: (035603) 60292. Eine Übernachtung im einfachen Doppelzimmer kostet mit Halbpension 139 Mark pro Person, mit Frühstück 104 Mark pro Person inclusive Nutzung des Badehauses. Kostenloser Transfer vom Bahnhof Vetschau.