Pro & Contra Volksbegehren: Gastkommentare
: Innovation von unten

■ Pro: Volksentscheidungen sorgen für bessere und schnellere Lösungen

Wir leben in Zeiten totaler Umbrüche, in welchen wir die Intelligenz in allen Köpfen nutzen müssen. Deshalb muß viel stärker als bisher die Bevölkerung einbezogen und ihr mehr Mitsprache gegeben werden. Ich habe selbst lange in der Schweiz gelebt und dort die Erfahrung gemacht, daß Volksentscheidungen zu erheblich besseren Lösungen führten, als Politiker und Experten vorhergesagt hatten.

Das aktuelle Modell für Hamburg sieht Volksentscheide lediglich in grundlegenden Fragen vor, die beispielsweise die Stadtentwicklung betreffen. Es liegt auch im Interesse der Wirtschaft, hier zu besseren und schnelleren Lösungen zu gelangen. Denn Baupläne werden heute erstellt, indem die Verwaltung sie erstmal fix und fertig plant und sie danach in ein Beteiligungsverfahren hineingibt. Dann erst erfolgen Anhörungen der betroffenen Bevölkerung.

Es geht zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr darum, Ideen aufzunehmen und kreative Lösungen zu erhalten, sondern um die Verteidigung bestehender Pläne. Diese Prozesse dauern extrem lange, verzögern die Entwicklung und führen letztlich nur zu faulen Kompromissen.

Entscheidungen in Verwaltung und Politik müssen viel stärker dezentralisiert werden. Was vor Ort geregelt werden kann, soll auch dort geschehen. Wir brauchen zwar eine starke Führung, die klare Ziele für die Stadt vorgibt, die Umsetzung sollte man jedoch den dezentralen Einheiten überlassen.

Denn Innovation beginnt stets „unten“, auch historisch: Der Gedanke „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“war keine Idee der Herrschenden, sondern ist in der Französischen Revolution von der Basis erkämpft worden. Unsere gesellschaftlichen Entwicklungen sind nie von „oben“gekommen.

Dr. Jürgen Hogeforster

(Geschäftsführer der

Handelskammer Hamburg)