IWF gibt Warnschuß gegen Suharto ab

Der Währungsfonds ist schwer entnervt über den indonesischen Präsidenten – und will zugesagte Kredite verschieben. Trotz aller Beteuerungen bleiben Privilegien für Suhartos Kinder und Freunde erhalten  ■ Aus Jakarta Jutta Lietsch

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird seine für den 15. März zugesagte zweite Kredit- Tranche von drei Milliarden Dollar vorerst nicht überweisen. Die Banker in Washington wollten erst abwarten, bis Präsident Suharto nach Antritt seiner siebten Amtszeit am kommenden Dienstag ein neues Kabinett zusammenstellt, hieß es gestern. Dies ist der vorläufige Höhepunkt des bitteren Streits zwischen dem IWF und der indonesischen Regierung über die künftige Währungspolitik.

Offenbar hält der Präsident trotz aller Kritik an seinem Plan fest, die Rupiah an den Dollar zu koppeln. „Die Sache ist so gut wie perfekt“, erklärte der amerikanische Wirtschaftsprofessor Steve Hanke am Samstag im Fernsehen. Hanke berät Suharto bei der Einrichtung eines sogenannten „Currency Bord Systems“, das die Rupiah, die seit Beginn der Krise im letzten Sommer fast 80 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Dollar verlor, stabilisieren soll. Der IWF hingegen fürchtet, dieser Schritt würde zu einem erneuten Angriff internationaler Spekulanten auf die indonesische Währung führen und die auf rund 16 Milliarden Dollar geschrumpften Devisenreserven des Landes ganz auffressen. Gerüchte trieben die indonesische Währung schon seit Tagen wieder in den Keller.

Suharto denkt zudem gar nicht daran, sich an die Reformen zu halten, zu denen er sich im Januar verpflichtet hat. Zunehmend verärgert sind die IWF-Banker über die Tricks und Schliche, mit denen die Regierung die Bedingungen für die Kredite über insgesamt 43 Milliarden Dollar umgeht: Suharto tut alles, um seine Kinder und Geschäftsfreunde zu schützen. Nachdem die Steuervorteile für das von Suharto-Sohn Hutomo Mandala Putra (genannt Tommy) gebaute „nationale Auto“ offiziell aufgehoben wurden, erlaubte es die Regierung zum Beispiel klammheimlich, alle 15.000 noch unverkauften „Timor“-Wagen zum Vorzugspreis zu verkaufen. Tommys lukratives Handelsmonopol für Gewürznelken, unverzichtbarer Bestandteil der beliebten Kretek-Zigaretten, ist auch nicht aufgelöst.

Obwohl die geplante Straßen- und Schienentrasse auf drei Ebenen für Jakarta zu den gestrichenen fünfzehn Infrastrukturvorhaben zählt, läßt Suhartos Tochter Siti Hardiyanti Rukmana („Tutut“) fröhlich weiterbauen. Auch das Lieblingskind des künftigen Vizepräsidenten und derzeitigen Forschungs- und Technologieministers B. J. Habibie lebt noch. Die Regierung hatte versprochen, die zwei Milliarden Dollar Entwicklungskosten für ein geplantes nationales Düsenflugzeug nicht aus der Staatskasse zu bezahlen. Habibie scheint aus unerfindlichen Quellen dennoch das Geld zum Weitermachen zu haben.

In aller Stille haben die Behörden zudem erklärt, sie würden nicht nur, wie verabredet, die Kleinsparer von 16 Banken kompensieren, die auf IWF-Weisung letztes Jahr geschlossen wurden. Viele große Einleger sind einflußreiche Geschäftsleute, darunter auch Mitglieder des Suharto- Clans. Sie zu entschädigen könnte den Staat bis zu 400 Millionen Dollar kosten.

Unterdessen treibt das Land auf den ökonomischen Abgrund zu. Weil Investoren ausbleiben, Banken keine Kredite mehr geben können und immer mehr indonesisches Kapital ins Ausland flieht, brechen täglich neue Firmen zusammen. In den nächsten Wochen werden mehr als 13 Millionen Menschen arbeitslos sein, fürchten die Behörden. Die Preise für Milch und andere Grundnahrungsmittel stiegen bereits bis aufs Vierfache. Unerschwinglich teuer sind für viele Indonesier auch die Medikamente geworden, da fast alle Arznei importiert wird.

Für den IWF ist die Lage unangenehm: Er will seine vielbeschworene Glaubwürdigkeit bewahren und deshalb auf die Durchführung der versprochenen Reformen drängen. Streicht er aber die Kredite ganz, drohen Unruhen, die weitaus dramatischer sein werden als die jüngsten Krawalle.