Chinas Minus-Jobwunder

■ Massenentlassungen in Staatsbetrieben lassen die Arbeitslosigkeit dieses Jahr hochschnellen. Gegen die Asienkrise schwört Peking seine Bürger zugleich auf das Motto ein: Verschuldet euch!

Peking (rtr/AP) – Die Auswirkungen der Asienkrise und die Abkehr von der staatlichen Planwirtschaft machen sich in China mit steigenden Arbeitslosenzahlen bemerkbar. Arbeitsminister Li Boyong teilte gestern am Rande des Nationalen Volkskongresses in Peking mit, voraussichtlich werde die Zahl der Erwerbslosen durch Massenentlassungen in Staatsbetrieben bis zum Jahresende um 3,5 Millionen ansteigen. Ende 1997 waren bereits 11,5 Millionen Chinesen in den Städten arbeitslos gemeldet – eine Quote von 3,1 Prozent. Li sagte, inoffiziellen Schätzungen zufolge liege die Arbeitslosenrate in den Ballungszentren sogar bei 4,2 bis 4,3 Prozent, da die Statistik arbeitsunwillige Chinesen nicht erfasse. Die Entlassungen in Staatsbetrieben seien eine Folge der jahrzehntelangen Planwirtschaft. Die Beschäftigungsstruktur könne im Zuge der Unternehmensreformen nicht beibehalten werden, sagte Li.

Der Vizeminister für Wirtschaft und Handel, Chen Qingtai, betonte, die Zahl der Beschäftigten im Staatssektor müsse schrittweise verringert werden. Wenn viele Staatsbetriebe ihre Belegschaft um ein Drittel reduzierten, könnten sie dennoch normal weiterarbeiten, sagte Chen. Einige Unternehmen kämen sogar mit der Hälfte der derzeit Beschäftigten aus.

Die Regierung hatte dem Staatsapparat am Freitag eine Schlankheitskur verordnet. Die Zahl der Ministerien und Kommissionen soll von 40 auf 29 reduziert werden. Nach Medienberichten sollen in den nächsten drei Jahren vier Millionen Mitarbeiter von Behörden entlassen werden.

Präsident Jiang Zemin warnte derweil, die Auswirkungen der Asienkrise auf China zu unterschätzen. Notenbankpräsident Dai Xianglong sagte, China werde in den nächsten drei Jahren eine Billion Dollar für private und öffentliche Investitionen ausgeben, um nicht in den Sog der Asienkrise zu geraten. Die Regierung wolle ihre Ausgaben für die Infrastruktur in diesem Jahr um mindestens 15 Prozent erhöhen. Gleichzeitig würden die vorgeschriebenen Mindestreserven der staatlichen Handelsbanken um 5 auf 16 Prozent gesenkt, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Hypothekendarlehen würden verdoppelt, um die Chinesen zum Hauskauf zu ermutigen.